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9783895000485

Kerth, Sonja

»Der landsfrid ist zerbrochen«

Das Bild des Krieges in den politischen Ereignisdichtungen des 13. bis 16. Jahrhunderts

1997
17,0 x 24,0 cm, 368 S., Leinen
38,00 €

ISBN: 9783895000485

Kurze Beschreibung

In einer Art publizistischen Kampagne begleiten viele hundert politische Lieder und gereimte Gedichte die zahllosen kriegerischen Auseinandersetzungen und Fehden des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Es sind politische Propagandatexte, die in der Regel von Höfen, Stadträten oder Kanzleien verbreitet wurden und zahlreiche Argumente aus offiziellen Dokumenten oder Chroniken aufgreifen. Diese Texte verhöhnen den Gegner, bestärken die eigenen Anhänger und versuchen, unentschlossene Dritte für die eigene Sache zu gewinnen. Die Lieder und Reimpaarsprüche nehmen in tendenziöser Weise auf einen konkreten Krieg oder eine Fehde Bezug und versuchen, die öffentliche Meinung über den behandelten Vorfall in eine bestimmte Richtung zu lenken. Sie beziehen sich auf Stadt-Adels-Konflikte, inneradlige Fehden, eidgenössische Kriege, Hussitenkriege, den Bauernkrieg von 1525, die Türkenkriege und den Schmalkaldischen Krieg (1546/47). Krieg erscheint als geeignetes Mittel, um Recht und Ordnung zu wahren oder Wiederherzustellen und den Gegner für seine Untaten zu bestrafen. Auffällig ist dabei das Fehlen einer Auseinandersetzung mit dem Phänomen Krieg und seinen Folgen für die betroffenen Menschen.

Ausführliche Beschreibung

In einer Art publizistischen Kampagne begleiten viele hundert politische Lieder und gereimte Gedichte die zahllosen kriegerischen Auseinandersetzungen und Fehden des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Es sind politische Propagandatexte, die in der Regel von Höfen, Stadträten oder Kanzleien verbreitet wurden und zahlreiche Argumente aus offiziellen Dokumenten oder Chroniken aufgreifen. Diese Texte verhöhnen den Gegner, bestärken die eigenen Anhänger und versuchen, unentschlossene Dritte für die eigene Sache zu gewinnen.
Die Lieder und Reimpaarsprüche nehmen in tendenziöser Weise auf einen konkreten Krieg oder eine Fehde Bezug und versuchen, die öffentliche Meinung über den behandelten Vorfall in eine bestimmte Richtung zu lenken, um so zur Identifikation mit der eigenen Position und zur Distanzierung vom Gegner aufzurufen.
Die Lieder und Sprüche wurden in verschiedene Konfliktarten eingeteilt: Stadt-Adels-Konflikte, inneradlige Fehden, eidgenössische Kriege, Hussitenkriege, den Bauernkrieg von 1525, die Türkenkriege und den Schmalkaldischen Krieg (1546/47). Die Mehrzahl der Ereignisdichtungen verfährt bei allen Unterschieden im einzelnen nach einem gängigen Argumentationsschema, um ihre Position im Konflikt abzusichern: Sie bemühen sich, den eigenen Standort als legitim und gottgewollt darzustellen, während der Gegner erkennbar gegen das Recht und Gottes Willen verstößt. Krieg erscheint als geeignetes Mittel, um Recht und Ordnung zu wahren oder Wiederherzustellen und den Gegner für seine Untaten zu bestrafen. Auffällig ist dabei das Fehlen einer Auseinandersetzung mit dem Phänomen Krieg und seinen Folgen für die betroffenen Menschen.
Das letzte Kapitel befaßt sich mit der agitatorischen Wirkung der politischen Ereignisdichtung, mit ihrem Umfeld und ihrer Funktion. Es sind zahlreiche Antwort- und Gegendichtungen überliefert sowie Nachrichten über harte Strafen für Verfasser und Verbreiter der Texte und über Klagen verschiedener Kriegsherren, die sich von Vorwürfen in ihrem Leumund geschädigt fühlten.

Rezensionen

„Insgesamt handelt es sich um eine sehr aufschlußreiche Arbeit, die vor allem den funktionalen Aspekt ernst nimmt. Lobenswert ist auch die Verbindung zwischen theoretischen Ausführungen und praktischen Beispielen. Eine sehr bemerkenswerte Arbeit.“

In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung der Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung. 119 (2002). S. 474-475.

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„Mit Sonja Kerths lesenswertem Buch werden die germanistischen Untersuchungen zur Friedensthematik in Hoch- und Spätmittelalter über eine Erforschung des Komplementärbegriffs fortgesetzt und bis in die Frühe Neuzeit hineingetrieben. Das Bild von Krieg und Frieden in der mittelalterlichen Literatur gewinnt Konturen.“

In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Band 238 (2001) 2. Halbjahresband. S.393-396.

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„Wie souverän Kerth unabhängig von derartigen Detailproblemen mit dem Gesamtphänomen der politischen Ereignisdichtung umzugehen weiß, dokumentiert das abschließende, mit Abstand umfangreichste Kapitel »Umfeld,Funktionen und Wirkung«. Neben den ansatzweise entwickelten Überlegungen zu einer Typologie und Sozialgeschichte von »Verfassern politischer Ereignisdichtungen«, unter denen »sich so renommierte Dichter wie Oswald von Wolkenstein, Michel Beheim und Hans Sachs, aber auch Humanisten wie Sebastian Brant, Burkhard Waldis sowie die Schweizer Dramatiker Jacob Ruff und Niklas Manuel« befinden (S. 267f.), wird hier ein intertextuelles Beziehungsgeflecht transparent gemacht, in das diverse Texte verstrickt sind. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang einerseits teilweise wörtliche Übereinstimmungen zwischen Liedern oder Sprüchen und »entsprechenden Chronikpassagen« (S. 271). Darüber hinaus gibt es Versifikationen von amtlich-offiziellen Kundgebungen und Mandaten, ein Verfahren, das »Kaiser Maximilian I. [ ... ] als erster systematisch« zu propagandistischen Zwecken genutzt zu haben scheint (S. 274). Hinweise auf etwa auch mediengeschichtlich bedeutsame Aspekte, wie z. B. die mobile Druckpresse im Troß von »Landgraf Philipp von Hessen und Kurfürst Friedrich von Sachsen« (S. 283), runden das Bild der Existenzbedingungen politischer Ereignisdichtung nicht nur ab, sondern zeigen auch wichtige Perspektiven für die zukünftig nach wie vor notwendige Detailarbeit an den Texten. Daß diese nun freilich nicht mehr in Kinderschuhen daherkommen muß, ist zweifellos ein Verdienst dieser Arbeit.“

In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. 123 (2001) Heft 1. S. 158-161.



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„Das Meritum der Würzburger Diss. ist ein doppeltes: Zum einen nimmt sie sich mit großem Gewinn einer Thematik an, die von der Germanistik bisher vernachlässigt worden ist, zum anderen untersucht sie das „Bild des Krieges“ (anhand der noch immer wenig beachteten, jedoch publizistisch-propagandistisch sehr wichtigen zeitgenössischen politischen Lieder und Sprüche (hier als »politische Ereignisdichtung« bezeichnet, Reflexion des Begriffes S. 4f.). [...] Eine wichtige Arbeit, die zu überzeugenden Ergebnissen gelangt und die ansprechend gestaltete neue Reihe würdig eröffnet. Zu überlegen wäre allenfalls, ob nicht die exemplarische Einbeziehung anderer Formen der Kriegspublizistik (z. B. Streitschriften und Chroniken) die Eigenart der hier untersuchten Quellengruppen noch deutlicher hätte hervortreten lassen.“

In: Germanistik. 39 (1998) Heft 1. S. 126.



Reihentext


Es ist das Anliegen dieser Buchreihe, in der Dissertationen, Habilitationsschriften, sonstige monographische Darstellungen und Sammelbände erscheinen werden, die Interdisziplinarität der modernen Mittelalterforschung noch mehr hervorzuheben und zu fördern als dies bisher der Fall ist. Angenommen werden Arbeiten aus allen Gebieten der Mediävistik, sofern der Aspekt der Interdisziplinarität darin betont wird, d.h. sofern sie die Grenzen eines einzelnen Faches zu überschreiten suchen.

Schlagworte

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