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9783954901821

Herausgeber: Lühr, Rosemarie

Mitarbeit: Hisatsugi, Satoko

Idiosynkrasie

Neue Wege ihrer Beschreibung

2016
17,0 x 24,0 cm, 118 S., Broschur
29,90 €

ISBN: 9783954901821
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Probekapitel

Kurze Beschreibung

In Verbindung mit Syntax oder syntagmatischen Relationen ist der Begriff Idiosynkrasie
bisher kaum verwendet worden. Dass geprüft werden muss, ob es sich tatsächlich
um idiosynkratische Phänomene handelt, zeigen Beiträge aus der
Indogermanistik. Die Daten stammen aus den Sprachen Hethitisch, Vedisch, Sanskrit, Griechisch, Latein, Venetisch, Runennordisch, Walisisch, Älteres Deutsch. Untersuchungsfragen sind: Sind Idiosynkrasien in der Syntax tatsächlich „Unregelmäßigkeiten“ oder sind sie durch noch nicht entdeckte Regeln erklärbar? Wie entstehen Idiosynkrasien historisch? Wie werden sie beseitigt?

Ausführliche Beschreibung

In Verbindung mit Syntax oder syntagmatischen Relationen ist der Begriff Idiosynkrasie
kaum verwendet worden. Dass geprüft werden muss, ob es sich tatsächlich um idiosynkratische Phänomene handelt, zeigen die folgenden Beiträge aus der Indogermanistik. Unter einem weiten Begriff von Idiosynkrasie werden syntaktische Trennungszeichen in alten Inschriften, Null anaphora, die Syntax von Objekten, das Hyperbaton, idiosynkratische dass-Sätze und Idiosynkrasien in der Informationsstruktur behandelt. Die Daten stammen aus den Sprachen Hethitisch, Altindisch, Griechisch, Latein, Venetisch, Runennordisch, Walisisch, Älteres Deutsch. Untersuchungsfragen sind: Sind Idiosynkrasien in der Syntax tatsächlich „Unregelmäßigkeiten“ oder sind sie durch noch nicht entdeckte Regeln erklärbar? Wie entstehen Idiosynkrasien historisch? Wie werden sie beseitigt?

Syntagmatische Relationen auf Wortebene können syntagmatische Interpunktionen
sein. In Inschriftenkorpora alter Sprachen erscheint die Setzung von Trennungszeichen zur Kennzeichnung syntaktischer Strukturen dann als unregelmäßig, wenn sie aus den vorhandenen Systemen nicht erklärbar ist. Das zeigt sich an der Art von Idiosynkrasien in Runeninschriften im älteren Fuþark und an venetischen Inschriften.

Die scheinbar idiosynkratische Struktur in der Distribution von Nullobjekten und Klitika in alten indogermanischen Sprachen ist durch die Verbsemantik bedingt. Verben sind in altindogermanischen Sprachen mehr Aspekt orientiert, wodurch das Gesamtereignis und weniger die Partizipianten im Zentrum stehen. Das Pronomen fehlt dann nicht nur, weil es auffindbar ist, sondern weil sich die Aufmerksamkeit auf das Verbalgeschehen richtet.

Im Walisischen kommen analytisch und synthetisch gebildete Verben und auch Nullelemente vor. Das morphologische Verhalten finiter Verben in Verbindung von prononominalen und, nichtpronominalen Subjekten wie auch von koordinierten und nichtkoordinigerten Subjekten hängt mit der funktionalen Entwicklung schwacher Subjektpronomina zusammen.

Die Unterschiede in der Verwendung des Hyperbatons, einer hochgradig idiosynkratischen
sind im Altindischen und Hethitischen beträchtlich. Während es im Altindischen keinerlei Restriktionen beim Hyperbaton gibt, ist diese Redefigur im Hethitischen sehr selten belegt.

Eine scheinbare Idiosynkrasie der Satzsyntax ist die Konjunktion dass als satzeinleitendes Element in deutschen Exklamativsätzen mit Verbendstellung. Vergleichbare Sätze machen unter bestimmten pragmatischen Bedingungen deutlich, dass dass kein zu einem idiosynkratischen Merkmal gewordenes Relikt aus früheren Zeiten ist.

Zur Auflösung vermeintlicher Idiosynkrasien tragen auch informationsstrukturellen Analysen, die das Topik des Satzes betreffen bei. Da Aboutness Topiks häufig Textkohärenz herstellen, wird verständlich, warum gerade die zweite Position die bevorzugte Position für das Topik wurde. Eine Topik-Position an der zweiten Satzstelle ist somit keine Idiosynkrasie.

Die Behandlung aller dieser Fragen ist in der Indogermanistik neu.

Autoreninfo

Rosemarie Lühr

23.3.1946 geboren
1977 Promotion im Fach Vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft mit den Nebenfächern Indoiranistik und Deutsche Philologie an der Universität Erlangen
1984 Habilitation im Fach Deutsche Philologie (Sprachwissenschaft) im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Regensburg
Thema der Habilitationsschrift: Expressivität und Lautgesetz im Germanischen
1984-1990 Akademische Rätin an der Universität Regensburg
1990-1994 Universitätsprofessorin (C 4) für Vergleichende Sprachwissenschaft an der Justus-Liebig Universität Gießen
1994-2013 Universitätsprofessorin (C 4) für Indogermanistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ordentliches Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt
Ordentliches Mitglied der Philologisch-historischen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
DFG-Gutachterin für Indogermanistik, im Fachkolleg Sprachwissenschaften: Typologie, Außereuropäische Sprachen, Ältere Sprachstufen, Historische Linguistik
seit Februar 2013 Honorarprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin

Forschungsschwerpunkte: Syntax, Informationsstruktur, Etymologie, Grammatik altindogermanischer Sprachen

Schlagworte

Grammatik, Syntax und Morphologie (67) || Griechisch (36) || Historische und vergleichende Sprachwissenschaft (396) || Indische, Ost-Indoeuropäische und Dravidische Sprachen (106) || Indoeuropäische Sprachen (445) || Indogermanistik (54) || Indoiranische Sprachen (96) || Latein (41) || Linguistik (27) || Sprachwissenschaft (137) || Sprachwissenschaft, Linguistik (729) || Syntax (13)