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9783895006562

Herausgeber: Kath, Roxana; Rieger, Anna-Katharina

Raum – Landschaft – Territorium

Zur Konstruktion physischer Räume als nomadischer und sesshafter Lebensraum

2009
17,0 x 24,0 cm, 316 S., 21 s/w Strichzeichnungen, 3 s/w Tabellen, 66 s/w Fotos, Gebunden
78,00 €

ISBN: 9783895006562
Inhaltsverzeichnis
Probekapitel

Kurze Beschreibung

Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen (Geographie, Alte Geschichte, Archäologie und Ethnologie) stellen sich in diesem Buch der Frage, wie der Mensch den ihn umgebenden natürlichen Raum erschließt, wahrnimmt und prägt und welche Unterschiede dabei bei nomadischen oder sesshaften Kulturen festzustellen sind. Physische Räume werden zu kulturell oder politisch abgrenzbaren Räumen, zu Landschaften und Territorien, was an Beispielen aus dem heutigen Sudan, aus Nordafrika und dem Mittelmeerraum in klassischer Antike und Mittelalter und aus dem kaukasischen Steppenraum gezeigt wird.

Ausführliche Beschreibung

Der Umgang mit Raum, seine Konstruktion, Erschließung und Wahrnehmung stehen im Mittelpunkt dieses Bandes. Aus der Sicht verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen (Geographie, Alte Geschichte, Archäologie und Ethnologie) beleuchten die Beiträge, wie physische, natürliche Räume zu kulturell oder politisch abgrenzbaren Räumen werden und vom Menschen geprägte Landschaften und Territorien entstehen. In den Beispielen aus verschiedenen unterschiedlichen Regionen, Kulturen und Epochen, die vom heutigen Sudan über Nordafrika und den Mittelmeerraum in klassischer Antike und Mittelalter bis in das Hochland von Tadschikistan und den kaukasischen Steppenraum reichen, wird die kontrastierende Verschiedenartigkeit diskutiert, mit der nomadische und sesshafte Kulturen mit ihrem jeweiligen (Lebens)raum umgehen. Die in den Beiträgen angesprochenen Aspekte des Raumbegriffs reichen dabei von natürlichen Determinanten des Raumes bis hin zu dem Raum eingeschriebenen Deutungen. Bereits die Beiträge aus der physischen Geographie zeigen auf, dass die verschiedenen Definitionsmöglichkeiten von „Raum“ letzten Endes zu keiner klaren Abgrenzung oder Aufteilung von räumlichen Einheiten auf der Erdoberfläche führen. Die in den meisten Fällen gegebene Überlappung von Räumen, die durch natürliche Parameter determiniert sind, bedeutet, dass eine Zuweisung von nomadischen oder sesshaften Lebensformen an bestimmte Räume bereits unter physisch-geographischen und bodenkundlichen Gesichtspunkten nicht möglich ist, und eröffnet den ethnologisch und historisch arbeitenden Disziplinen Perspektiven einer stärker diskursiven Deutung von Räumen, wie etwa die strukturelle und symbolische Erschließung von Räumen oder die Lesbarkeit des anthropogen überprägten Raumes bzw. der Landschaft.
Daraus ergeben sich drei Themenkomplexe, die die Struktur des vorliegenden Bandes bestimmen: Zum einen kreisen die Fragen zum Raum um die Dichotomie von Kultur und Natur, von Überschneidung und Einheit eines physischen Raumes mit einem Raum wirtschaftlicher und sozialer Handlungen (1. Definierbarkeit von Räumen). Zum anderen befassen sie sich mit dem Spannungsfeld, das zwischen realer Aneignung eines Raumes und deren Mitteln einerseits und der ideellen Belegung von Raum mit Bedeutung, mit Symbolgehalt andererseits besteht. Diese Zuweisung von Deutungen durch unterschiedliche Gruppen konstruiert einen Raum – unabhängig von seinen tatsächlichen physischen Eigenschaften oder seiner territorialen Zugehörigkeit (2. Raumaneignung und Deutung des Raumes). Zudem werden Aspekte der Raumwahrnehmung und -vorstellung thematisiert, die zeigen, wie Wissen, Information, Verständnis über Raum die Deutungsmacht bestimmter Gruppen determiniert. (3. Raumwahrnehmung und Raumbilder).

Rezensionen

“Space - its contruction, development and perception are the focus of this volume’s contributions, ranging from geography, Old History, archaeology to anthropology. The authors highlight how physical, natural spaces are changed to become culturally or politically delimitable territories. Contrastive case studies from various regions, cultures, and epochs show the variety of how nomadic and sedentary cultures deal with their “life spaces”.”

In: Anthropological Abstracts. 8 (2009). pp. 44-45.

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„Die zwölf im Band versammelten Beiträge beleuchten die Probleme der Raumerschließung, Raumwahrnehmung und Grenzziehung aus verschiedenen Perspektiven anhand zeitlich und räumlich weitgestreuter Beispiele. Geographen, Archäologen, Althistoriker und Ethnologen untersuchen vor allem entlang des Gegensatzes nomadischer und seßhafter Wirtschafts- und Lebensformen, durch die Fallbeispiele Kategorien zu erarbeiten, mittels derer sich die unterschiedlichen Weisen der Raumaneignung beschreiben lassen. Drei Beiträge untersuchen die Marmarika-Region in Nordwestägypten, die noch heute von nomadischen Beduinen bewohnt wird, auf ihre Nutzung seit der Antike hin. Ein zweiter Abschnitt ist Einzelstudien gewidmet zum Grenzraum zwischen Turkestan-Gebirge und der Hungersteppe in Tadschikistan, zur Konfrontation römischer Raumauffassungen mit indigenen am Beispiel des Tacfarinas-Aufstands, zum Konflikt zwischen dem Byzantinischen Reich und den Seldschuken sowie zum Zusammenhang zwischen Raumauffassung und Identität bei der Bevölkerung der sudanesischen Nuba-Berge. Der letzte Abschnitt behandelt die diskursiven Praktiken von Raumdarstellung im antiken Griechenland und bei Isidor von Sevilla. (...) insgesamt eine Fülle von Anregungen bietende[r] Ban[d].“

FD

In: Orbis Terrarum. Band 10 (2008-2011). S. 200-201.

Autoreninfo

Roxana Kath
studierte Alte Geschichte, Kunstgeschichte, Germanistik und Soziologie an der Technischen Universität Dresden. 1998 bis 2001 arbeitete sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Alte Geschichte der TU Dresden. Anschließend war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sonderforschungsbereich 537 „Institutionalität und Geschichtlichkeit“, Projekt A2 „Der römische mos maiorum von den Anfängen bis in die augusteische Zeit. Öffentliche Rituale und soziopolitische Stabilität“ (Prof. Martin Jehne) an der TU Dresden tätig. 2002 vertrat sie die Assistentenstelle am Lehrstuhl für Alte Geschichte der Universität Leipzig und war von 2003 bis 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin am SFB 586 im Teilprojekt B5 „Römische Herrschaft im Maghreb zwischen Sesshaftigkeit und Nomadismus“. 2004 wurde sie mit einer Arbeit zum Thema „Nulla mentio pacis - Untersuchung zu Formen der Verarbeitung und Memorierung militärischer Rückschläge und Niederlagen in der römischen Republik“ promoviert. Seit Oktober 2007 vertritt sie die Juniorprofessur für Alte Geschichte an der Universität Leipzig.

Anna-Katharina Rieger
studierte Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Vorderasiatische Archäologie in München und Bonn. Anschließend arbeitete sie an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1995-1997), am Deutschen Archäologischen Institut Rom (2000) sowie der Georg-August-Universtität Göttingen (2001-2002). 1998 wurde sie mit einer Arbeit zu Heiligtümern in Ostia in München promoviert. Seit 2002 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit Schwerpunkten in der Stadt- und Siedlungsarchäologie sowie der Religionsgeschichte und von 2004 bis 2008 als Bearbeiterin des Projekts A7 im SFB 586 zu Lebens- und Wirtschaftsweisen in der antiken Marmarica, das sie bis 2011 weiterführt.

Reihentext


Hg. im Auftrag des SFB von Jörg Gertel, Stefan Leder,
Jürgen Paul und Bernhard Streck

Nomadische und sesshafte Lebensformen koexistieren in weiten Teilen der Welt, insbesondere im altweltlichen Trockengürtel, seit mehreren tausend Jahren. Die Erforschung ihrer Interaktion soll in der Reihe Nomaden und Sesshafte dokumentiert werden. Erst seit vergleichsweise wenigen Jahren hat die Einsicht an Geltung gewonnen, dass Nomadismus als Teil übergreifender ökologischer, ökonomischer, politischer und kultureller Systeme in den Blick genommen zu werden verdient, weil Formen des Kontakts mit der Welt der Sesshaften historische Zivilisationen über lange Zeiträume mitgeprägt haben und noch heute, unter anderen Bedingungen, Wirkung entfalten. Austausch und Konflikt zwischen Nomaden und Sesshaften, wie auch Prozesse der Anpassung und Abgrenzung haben sich auf unterschiedliche Lebensbereiche ausgewirkt. Ökonomie und Militärwesen, politische und soziale Ordnungen, Sprache und in Kunst, Vorstellungswelten und Identitätskonstruktionen geben dies zu erkennen. Mit der Wahrnehmung der Vielfalt und Wirkmächtigkeit dieser Interaktion ist eine Forschungsperspektive angelegt, welche die Aufgaben des 2001 einrichteten Sonderforschungsbereichs "Differenz und Integration – Wechselwirkung zwischen nomadischen und sesshaften Lebensformen in Zivilisationen der Alten Welt" bestimmt.
Der interdisziplinäre Rahmen des Sonderforschungsbereichs erlaubt die Beteiligung mehrerer Disziplinen, wie Archäologie und Geschichte, Literaturwissenschaft und Ethnologie, Geographie und Agrarökonomie; ihr Zusammenwirken verspricht Erträge, die eine Vielzahl von Perspektiven und Wissensbereichen erschließen.

Schlagworte

Anthropologie (79) || Archäologie (519) || Geographie (512) || Geopolitik (3) || Geschichte (829) || Geschichte allgemein und Weltgeschichte (9) || Internationale Beziehungen (8) || Nomadismus (4) || Politik und Staat (67) || Raumbegriff || Raumwahrnehmung || Sozial- und Kulturanthropologie, Ethnographie (77) || Soziologie und Anthropologie (108) || Territorialpolitik