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Gesammelt und bearbeitet von Sonja Hermann
Die Inschriften der Stadt Essen
2011
19,0 x 27,0 cm, 384 S., 1 Karten, 171 s/w Abb., 41 farb. Abb., 41 Strichzeichnungen, auf 62 Tafeln, Leinen mit Schutzumschlag
ISBN: 9783895008238
19,0 x 27,0 cm, 384 S., 1 Karten, 171 s/w Abb., 41 farb. Abb., 41 Strichzeichnungen, auf 62 Tafeln, Leinen mit Schutzumschlag
69,00 €
ISBN: 9783895008238
Kurze Beschreibung
Der Band präsentiert in 188 Katalognummern die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften aus dem heutigen Gebiet der Stadt Essen bis 1650. Berücksichtigt sind sowohl die erhaltenen als auch die nur abschriftlich oder in Abbildungen überlieferten Inschriften. Sie befinden sich vor allem auf liturgischen Geräten, auf Grabdenkmälern, Gemälden und Glocken.Mehr als die Hälfte der Inschriftenträger stammt aus dem Damenstift Essen. Die Blütezeit des Stifts während der Herrschaft der ottonischen Äbtissinnen spiegelt sich auch in den Inschriften wider, genau wie die konfessionellen Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert. Inschriften aus dem Bereich der Stadtgemeinde erlauben Einblicke in das Leben der städtischen Honoratiorenschicht. Im Kloster Werden ist die Verehrung des Klostergründers, des hl. Liudger, und seiner Familienmitglieder durch Inschriften belegt, ebenso aber auch die Stiftungs- und Bautätigkeit der Äbte. In Kettwig vermitteln einige erhaltene Grabsteine einen Eindruck von der Grabmalgestaltung in einer kleinen Landgemeinde im 17. Jahrhundert.
Die Einleitung gibt einen kurzen historischen Überblick über die Inschriftenstandorte, stellt die wichtigsten Gruppen von Inschriftenträgern sowie von Textsorten und Inschriftenarten vor und untersucht die in Essen verwendeten Schriftarten.
Die Edition bietet neben der Beschreibung der Inschriftenträger und der Wiedergabe der Inschriftentexte, die gegebenenfalls übersetzt werden, auch Kommentare zu paläographischen, philologischen und kunsthistorischen Fragestellungen, außerdem werden die Inschriften in ihren historischen Kontext eingeordnet. Der Inschriftenbestand wird durch zehn Register erschlossen. Strichzeichnungen der Marken und Gießerzeichen und ein ausführlicher Tafelteil ergänzen die Edition.
Rezensionen
„Der Schwerpunkt des Bandes liegt somit klar auf der Sammlung und Darbietung der Texte sowie ihrer editorischen Erschließung, wobei umfangreiche und durchaus heterogene Mengen an Fakten zu erheben, zu sichten und ein weiter Zeitraum mit sehr viel Quellenmaterial und Forschungsliteratur zu überblicken waren. Für diese mühevolle Arbeit wird man der Autorin Dank wissen. Den Stoff für die Weiterarbeit an den Essener Inschriften hat sie damit in reicher Fülle bereit gestellt, und es liegt nun in der Hand der Einzeldisziplinen, dieses Material zu nutzen.Heinrich Tiefenbach
In: Beiträge zur Namenforschung. 47 (2012) Heft 4. S. 473-475.
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„Sonja Hermann ist mit ihrer Arbeit ein unschätzbares Werkzeug für die Beschäftigung mit der Geschichte nicht nur des Essener Raums, Westfalens und des Rheinlandes, sondern ebenso mit mentalitäts- und frömmigkeitsgeschichtlichen, kunsthistorischen, philologischen, epigraphischen und anderen Fragestellungen gelungen. Mit Akribie und Scharfsinn hat sie historisches Quellenmaterial aufgespürt, registiriert, ediert, übersetzt, kommentiert und in den historischen Kontext überführt. Das breit gefächerte Register erleichtert ebenso wie der großzügige Bildteil die Arbeit mit diesem Buch, auf das niemand, der sich künftig mit der Geschichte im Gebiet der Stadt Essen, insbesondere aber mit der des Frauenstifts beschäftigt, wird auskommen können.“
Hartwig Kerksen
In: Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur. Band 3 (2012). S. 309-310.
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„Große Geschichte im Kleingedruckten
In einem repräsentativen Band untersucht Sonja Hermann 188 Essener Inschriften vom Mittelalter bis 1650
Dirk Aschendorf
Sieben Jahre - das klingt nicht nur nach altbiblischer Zahlensymbolik sondern erinnert auch an die sieben Gaben des Heiligen Geistes. Ob der nun der Wissenschaftlerin Sonja Hermann in den sieben Jahren bei Forschung und Abfassung ihrer Doktorarbeit unter die Arme gegriffen hat, können wir an dieser Stelle nicht beurteilen. Dass die Arbeit über Bewertung
und Einordnung von insgesamt 188 Inschriften der Stadt Essen vom Mittelalter bis 1650 allen Plagiatsüberprüfungen standhält, dafür bürgen nicht die Universität Bonn, sondern auch sechs deutsche und die österreichische Akademie der Wissenschaften, die die Arbeit jetzt als repräsentativen Band in der Reihe „Deutsche Inschriften“ herausgaben.
Aber auch Birgitta Falk, Leiterin der Domschatzkammer, und Dompropst Olmsr Vieth waren sich einig, das diese Arbeit nicht nur über Zweifel erhaben ist, sondern auch neue Erkenntnisse, zum Beispiel über die genaue Datierung von Kunstwerken des
Domschatzes, liefert.
Dass auf dem Gebiet der alten geistlichen Fürstentümer Essen und Werden Inschriften in Kirchen, auf liturgischem Gerät, Bildern und Kunstwerken in den Kirchen überwiegen - die Hälfte stammt aus dem Stift Essen - versteht sich fast von selbst. „Das Bürgertum spielte in der Stadt der Äbtissin einfach nicht die wichtige Rolle, wie zum Beispiel in Köln oder den Freien Reichsstädten“, sagt Sonja Herrmann.
Bürgerliche Raritäten
So gehört das Porträt der Essener Patrizierin Brigitta Schreven von 1569, die Schmähinschrift gegen Katholiken und Reformierte vom Haus des ersten Essener lutherischen Pastors Heinrich Barenbroich oder die Königskette der Essener Schützengilde mit ihren eingravierten Namen zu den raren Inschriften.
Neben der Abtei Werden, dem alten Kettwiger Friedhof, den Stiftskirchen Stoppenberg und Rellinghausen oder der alten Borbecker Dionysius-Pfarrei nimmt das Essener Stift so die überragende Stellung ein. Zu den wichtigen und bekannten Verweisen auf Äbtissinnen wie Ida, Mathilde und Theophanu; als Stifterinnen der wertvollsten Stücke des Domschatzes, stößt der Leser aber auch auf beschriftete Reliquienfunde, gestickte Verweise auf liturgischen Textilien oder ein fast unbekanntes Fragment vom Grabkreuz des Theologen Theodor Grimmolt, der 1614 auf dem Friedhof innerhalb der alten Burgfreiheit bestattet wurde.“
In: NRZ. 12. Juli 2011, S. 5.
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„Teufel... - und Machtkämpfe
Kleinste Inschriften erzählen vom Alltagsleben vor 500 Jahren
„Siehe, der große Belial (Teufel) ist gefallen, gefallen im April.“ Wie eine verloren gegangene Inschrift an der Essener Marktkirche St. Gertrud triumphiert und lästert, das zeigt Alltag in Politik und Kirchen-Geschichte des 16. Jahrhunderts in
Essen. Jubilierend spielen die Zeilen, jetzt im Band „Die Inschriften der Stadt Essen“ veröffentlicht, auf die erste protestantische Predigt in der heutigen Bischofsstadt Essen am 28. April 1563 an. Heinrich Barenbroich hielt sie. Und eine Woche später predigte er in Essens protestantisch gewordener Citykirche St. Gertrud am Markt.
„Die Bezeichnung des (katholischen) Bekenntnisses als Belial“, erklärt Sonja Hermann, die Autorin des Inschriftenbandes, „deutet die heftigen Auseinandersetzungen zwischen der überwiegend protestantischen Stadt Essen und der Äbtissin im Stift an.“ Klar: Die Äbtissin sah nach Einrührung der Reformation ihre Herrschaft und den Einfluss der katholischen Stiftskapitel bedroht.
Solche und ähnliche Inschriften, bisher stumme und eher wenig ausgewertete Zeugnisse spannendster Geschichte, finden sich auf Grabdenkmälern, Gewändern und Geräten der Liturgie, ja sogar auf Gemälden und Glocken. Hermann sichtete die Essener Inschriften bis 1650 für das Buch, ihre Doktorarbeit. Und sie ordnete, erforschte, dokumentierte sie in 188 Katalogtiteln. Die Zeugnisse stammen gut zur Hälfte aus dem Umfeld von Stift und Münster. Aber auch „säkulare“ Zeugnisse und solche aus Essener Stadtteilen gehören dazu. Unterstützung erhielt die junge Doktorandin während sieben Jahren dauernder Kleinstarbeit von der Arbeitsstelle Inschriften der NRW-Akademie der Wissenschaften, von Dr. Birgitta Falk, Domschatzmeisterin, sowie von Stadtangestellten, Pfarrern und Küstern der Stadt.
Hermann suchte auch in der Literatur Belege für verloren gegangene Zeugnisse, sie stieg auf Kirchtürme oder musste ihr unverständliche Inschriften professionell fotografieren lassen. „Manchmal führte erst der Austausch über die aufwendig belichteten Fotos mit auswärtigen Kunsthistorikern zu Ergebnissen.“
Dass die Kleinstarbeit kein vergeblicher Sisyphus-Job war, zeigt eine aufgrund der Forschungen bereits aktualisierte Info-Tafel im Domschatz. Dr. Birgitta Falk ließ festhalten, dass die Entstehungszeit des kunstvollen Quintinus-Armreliquiars nun beinahe genau - auf ein oder zwei Jahre nach 1491 - datiert werden kann. Sie begründet: ,,Auftraggeberin für das silberne, teils
vergoldete Schmuckstück war anders als bisher geglaubt nicht Margarethe von Castell († 1491), sondern deren Testamentsvollstreckerin.“ So ist die Herstellung nach dem Tod Margarethes für Schatz-Besucher nun eindeutig festgeschrieben. Das Reliquiar, das an Quintinus, Mitpatron des Stifts erinnert, fand Jahrhunderte in der Liturgie am Münster Verwendung.
Alles in allem bezeugen die Inschriften, wie kirchlicher Alltag und weltliche Geschichte ineinandergreifen: Die mit kleinsten
Schriftzügen versehenen Agraffen des 14./15. Jahrhunderts etwa zeigen als Schmuckspangen den Wohlstand der adeligen Damen im Stift, aber durch ihre Verarbeitung auch mögliche verwandtschaftliche oder politische Beziehungen des Stifts zum französischen Königshaus. Andererseits weisen Inschriften auf der Kette der Essener Schützenkönige des 16. Jahrhunderts oder auf der alten Ratsglocke auf das Leben der Stadt hin. Sie sind Quellen, Mosaikstückchen einer Historie, die abseits ganz großer Politik auch ein Bild vom täglichen Leben der Menschen zeigt.“
In: Ruhr-Wort. 23. Juli 2011.
Reihentext
Das Ziel des Projektes ist die Sammlung und Edition aller lateinischen und deutschen Inschriften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit bis zum Jahr 1650. Das Sammelgebiet umfasst nach heutigem Stand Deutschland und Österreich sowie Südtirol. Die Ergebnisse der Sammlung werden in den DI-Bänden ediert. Ein Band beinhaltet entweder die Inschriften eines bzw. mehrerer Stadt- oder Landkreise oder die Inschriften einzelner Städte. Bei Städten mit besonders großem Inschriftenbestand werden Einzelkomplexe gesondert ediert. Aufgenommen werden sowohl die noch erhaltenen als auch die nur mehr kopial überlieferten Inschriften.
Das Projekt “Die Deutschen Inschriften” ist das bei Weitem älteste moderne Unternehmen zur Sammlung mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Inschriften. Begründet wurde es vor über 75 Jahren als Gemeinschaftsunternehmen der wissenschaftlichen Akademien in Deutschland und Österreich auf Initiative des Germanisten Friedrich Panzer (Heidelberg) unter wesentlicher Mitwirkung der Historiker Karl Brandi (Göttingen) und Hans Hirsch (Wien).