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All-Erlösung und All-Einheit
Studien zum »Buch des heiligen Hierotheos« und seiner Rezeption in der syrisch-orthodoxen Theologie
2002
17,0 x 24,0 cm, 228 S., Gebunden
ISBN: 9783895003059
17,0 x 24,0 cm, 228 S., Gebunden
58,00 €
ISBN: 9783895003059
Kurze Beschreibung
Im syrischen „Buch des heiligen Hierotheos“ werden im Bild des Seelenaufstieges sowohl die Erlösung aller Geschöpfe als auch deren endzeitliches Aufgehen in der Unendlichkeit Gottes dargestellt. Die vorliegende Untersuchung arbeitet die traditionsgeschichtlichen Hintergründe des Buches heraus und versucht, das unter dem Pseudonym des „Hierotheos“ verfasste Werk in den Kontext der origenistischen Streitigkeiten im Vorfeld des II. Konzils von Konstantinopel einzuzeichnen. Zugleich wird ein Ausblick auf die Wirkungsgeschichte des Buches in der späteren syrisch-orthodoxen Theologie gegeben.Ausführliche Beschreibung
Bei dem sogenannten ‚Buch des heiligen Hierotheos‘ handelt es sich um eine in syrischer Sprache abgefaßte Schrift, die den mystischen Aufstieg der Seele zur vollkommenen Vereinigung mit der Gottheit beschreibt.Die Textanalysen führen in dem vorliegenden Werk zu einer differenzierten Antwort auf die traditionellen ‚Einleitungsfragen‘ nach der Person des Verfassers und dem geistesgeschichtlichen Umfeld, vor dessen Hintergrund die Aussagen des Buches erst völlig verständlich werden. Es wird gezeigt, daß das Buch mit großer Wahrscheinlichkeit in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts entstanden ist und von einem in der Forschung bisher nicht ausreichend beachteten Konflikt in der Theologie jener Epoche geprägt ist. Denn in dem besagten Zeitraum kommt es zur Begegnung zwischen der auf Origenes (3. Jh.) fußenden Theologie mit dem gerade bekannt werdenden Schrifttum des Pseudo-Dionysius Areopagita. Diese beiden Spielarten christlicher Mystik unterscheiden sich besonders in der Frage, ob die Seele des Menschen restlos aufgeht im ‚All-Einen‘ der Gottheit oder ob nicht vielmehr eine letzte Fundamentaldifferenz zwischen Schöpfer und Geschöpf gewahrt bleibt. Im ‚Buch des heiligen Hierotheos‘ stoßen in seiner uns vorliegenden Gestalt diese beiden Grundoptionen der Mystik aufeinander:
Eine von Pinggéra herausgearbeitete Grundschrift des Buches vertritt den radikal-origenistischen Standpunkt, eine wohl nur wenig später eingetragene Redaktionsschrift versucht diesen Standpunkt gegen die dazu in Widerspruch tretende areopagitische Theologie zu verteidigen. Damit gehört das Buch in das Umfeld jener namentlich in Palästina ausgetragenen Streitigkeiten um das Erbe des Origenes, die zur schicksalhaften Verurteilung dieses wohl größten griechischen Theologen der Alten Kirche auf dem V. Ökumenischen Konzil zu Konstantinopel (553) geführt haben.
Das ‚Buch des heiligen Hierotheos‘ wurde später von zwei herausragenden Theologen der syrisch-orthodoxen Kirche kommentiert (Patriarch Theodosius im 9. Jh. und Gregor Bar Hebraeus im 13. Jh.).
Das vorliegende Werk bietet erstmals Auszüge aus diesen beiden noch unedierten Kommentaren und zeigt, daß beide Autoren – entgegen der in der Forschung bisher gehegten Vermutung – die Absicht verfolgt haben, das Buch in rechtgläubigem Sinne umzuinterpretieren.
Rezensionen
„Es ist der Arbeit zu wünschen, daß ihre Anstöße von vielen gerne aufgenommen werden möchte. Sie hätte es verdient.“In: Oriens christianus. 88 (2004). S. 269-271.
Autoreninfo
Dr. Karl Pinggéra studierte Evangelische Theologie an den Universitäten Erlangen, München und Wien; daneben besuchte er zahlreiche Lehrveranstaltungen im Fach Philologie des Christlichen Orients. Nach dem Vikarsdienst und der Ordination in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern wurde er 2001 an der Philipps-Universität Marburg im Fach Kirchengeschichte promoviert. Von 2000 bis 2002 war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt „Iulius Africanus“ an der Universität Bonn beschäftigt. Im Juli wurde er zum Wissenschaftlichen Assistenten am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Marburg ernannt und wurde im Dezember 2002 ebenda zum Hochschuldozenten für Ostkirchengeschichte berufen.Die Forschungsschwerpunke von Karl Pinggéra sind die altkirchlichen Dogmengeschichte unter besonderer Berücksichtung des Christlichen Orients sowie die Traditionen alt- und ostkirchlicher Spiritualität und Mystik.
Reihentext
Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients
Hg. von Stephen Emmel, Cornelia Horn, Martin Krause
und Andrea B. Schmidt
Die international angelegte Reihe bietet Monographien, Handbücher, Sammelbände und Quellen zum Christlichen Orient. Dieser soll sowohl in seiner linguistischen und philologischen Breite erfasst werden (Äthiopisch, Arabisch, Armenisch, Georgisch, Koptisch, Nubisch, Syrisch) als auch in seiner kulturellen, religiösen und historischen Thematik. In ihrer zeitlichen Dimension erstreckt sich die Reihe von der frühbyzantinischen Epoche bis ins Spätmittelalter. Sie berücksichtigt vereinzelt auch gegenwartsbezogene Darstellungen über die orientalischen Gemeinschaften im Hinblick auf ihre Verwurzelung im christlich-historischen Umfeld.
Die Erforschung des Christlichen Orients erfolgt heute in verschiedenen Einzeldisziplinen, die jeweils auf bestimmte Sprachen oder geographische Regionen konzentriert sind. Neben dieser Spezialisierung besteht zugleich ein übergreifendes interdisziplinäres Interesse, die kulturellen und historischen Gemeinsamkeiten der einzelnen christlich-orientalischen Gemeinschaften in ihrer Verflochtenheit sichtbar zu machen. Die Absicht der Herausgeber ist es daher, detaillierte Fachstudien von führenden Wissenschaftlern aus ihrem jeweiligen Forschungsgebiet aufzunehmen. Zum andern wollen sie interdisziplinär angelegten Werken ein Forum bieten.
Der Christliche Osten hat für die Kulturgeschichte des europäischen Abendlandes eine wesentliche Rolle gespielt und dem Westen ein reiches Erbe vermittelt. Um diese Bedeutung zu erschließen, wendet sich die Reihe auch an Studenten und an die größere Öffentlichkeit. Mit dieser Gewichtung soll der Christliche Orient in seinen vielfältigen kulturhistorischen, künstlerischen und philologischen Aspekten gebührend ins Blickfeld gerückt werden.
Den Herausgebern steht ein internationales Beratergremium zur Seite.