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Visionserwartung
Visualisierung und Präsenzerfahrung des Göttlichen in der Spätantike
2017
17,0 x 24,0 cm, 344 S., 118 s/w Abb., 44 farb. Abb., 32 Tafeln, Gebunden
ISBN: 9783954901173
zur E-Book Version
17,0 x 24,0 cm, 344 S., 118 s/w Abb., 44 farb. Abb., 32 Tafeln, Gebunden
98,00 €
ISBN: 9783954901173
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Kurze Beschreibung
Das Buch identifiziert das Interesse spätantiker Menschen an Visionen – die Visionserwartung – als wichtigen Motor für die kulturelle Produktion. Darin weist der Autor nach, wie göttliche Erscheinungen in visionärer Form halfen, durch ihren immateriellen und zeitlich begrenzten Charakter das alttestamentliche Repräsentationsverbot zu umgehen. Es wird dargelegt, wie Bilder und Räume die unsichtbare Präsenz des christlichen Gottes erfahrbar machten. Erst ein Wandel des Bildverständnisses am Ende der Spätantike ließ die Visionsdarstellungen als problematisch erscheinen und führte schließlich zu deren Niedergang.Ausführliche Beschreibung
Dieses Buch untersucht die Entstehung des Bildes Gottes in der Spätantike. Es reiht sich damit in eine Reihe wichtiger Publikationen Johannes Kollwitz’, Friedrich Gerkes, Frédéric van der Meers, Christa Ihms, Hans Beltings und Jean-Michel Spiesers ein. Erstmalig werden hier die kulturellen Hintergründe analysiert, die den Bildfindungsprozess bedingten. Die Lösung für die Frage, wie das alttestamentliche Darstellungsverbot befolgt werden und gleichzeitig die visuelle Annäherung an das Göttliche erreicht werden konnte, fanden die spätantiken Bildschöpfer in den Vorstellungen des Visionären, genauer in ephemeren göttlichen Visionen. Diese wurden in der christlichen Kultur der Spätantike derart dominant, dass man vom Phänomen der Visionserwartung sprechen kann.In der Kunstgeschichte ist der immense Einfluss, den Visionen auf die Bildproduktion hatten bisher nicht erkannt worden, und die Fülle an motivisch zum Teil sehr unterschiedlichen visionären Bildern ist bisher nicht in gegenseitiger Abhängigkeit untersucht worden. Die Publikation führt verschiedene Strategien zur Sichtbarmachung des Göttlichen vor und legt dar, wie diese teilweise aus der antiken Bildsprache entwickelt wurden, teilweise innovative eigene Lösungen der spätantiken Bilderschöpfer darstellen (Teil II). Im Unterschied zum Großteil der frühen christlichen Bilder, die antike pagane Bildentwürfe modifizierten, waren die theophanischen Bildmotive, Bilder der Erscheinung des Göttlichen, oftmals Neuschöpfungen.
Schließlich wird der phänomenologische Aspekt der Bilder, die Erfahrung einer realen Vision, in Bezug auf Sakralräume und spätantike Konzepte der Begegnung mit dem Göttlichen untersucht (Teil III). Aus diesen phänomenologischen Überlegungen und gestützt auf die Analyse spätantiker Texte weist Bergmeiers Publikation nach, dass die untersuchten Darstellungen allesamt Bilder des Göttlichen in der Gegenwart sind. Die bisherige Forschung geht zumeist davon aus, dass die visionären Bilder ihre Motivik aus zukünftigen, endzeitlichen Vorstellungen speisen. Die eindeutige Zurückweisung solcher Lesarten wird die Erforschung der spätantiken Kunstgeschichte nachhaltig beeinflussen.
Das Buch geht über rein ikonographische Untersuchungen hinaus, indem es sich um die kulturgeschichtliche Einordnung des Phänomens göttlicher Visionen in der Spätantike bemüht und in interdisziplinärer Weise neben Bildquellen ausführlich auch Textquellen untersucht (Teil I). Bergmeier bezieht theologische, historische und religionswissenschaftliche Forschung ein und baut eine Brücke zwischen der Forschung zu antiken Götterbildnissen und der Erforschung der christlichen Kultur der Spätantike. Der interdisziplinäre Ansatz setzt wichtige Impulse für zukünftige Forschungen und wird unser Verständnis der spätantiken Kultur revolutionieren.
Rezensionen
„Die vorliegende Münchener Dissertation, die sich der bildlichenUmsetzung von Visionen in der Spätantike und deren Kontext widmet (ca.
300 bis 750 n.Chr.), stellt eine willkommene Ergänzung zu den seit
einigen Jahren stärker forcierten Studien zu Träumen und Visionen in der
Antike dar, haben doch Bildquellen hierbei bisher eine eher
untergeordnete Rolle gespielt.“
Von Gregor Weber
In: H-Soz-Kult, 2018, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2018-4-074
Autoreninfo
Armin Bergmeier studierte Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Middlesex University in London. Er promovierte im Fach Spätantike und Byzantinische Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, verbrachte während der Promotion ein Jahr als Visiting Scholar an der Columbia University in New York und unterrichtete an der Humboldt-Universität und der Ludwig-Maximilians-Universität Einführungen in die spätantike Kunstgeschichte. Seit 2016 lehrt er spätantike, byzantinische und mittelalterliche Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. Armin Bergmeier erhielt u.a. Stipendien des evangelischen Studienwerks, der Fulbright Stiftung und der Minerva Stiftung. Er verbrachte Forschungsaufenthalte an der Dumbarton Oaks Research Library in Washington DC, dem Kunsthistorischen Institut in Florenz und dem Centro Tedesco in Venedig. Seine Forschung ist u.a. im Jahrbuch Millennium, im Journal for Late Antiquity und in der Zeitschrift Gesta erschienen.Reihentext
Diese Schriftenreihe widmet sich speziell den Forschungen zur Christlichen Archäologie und Kunstgeschichte in spätantiker und frühchristlicher Zeit. Sie umfasst die gesamte Epoche der Spätantike bis zum frühen Mittelalter, im Bereich des byzantinischen Reiches auch darüber hinaus.
Die Reihe ist überkonfessionell und ohne Bindung an bestehende Institutionen, arbeitet jedoch mit der „Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie zur Erforschung spätantiker, frühmittelalterlicher und byzantinischer Kultur“ zusammen. Sie konzentriert sich vor allem auf die Kunstdenkmäler und versteht sich daher nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu schon bestehenden Reihen, die in der Regel nicht nur die materielle Hinterlassenschaft der alten Kirche, sondern stets auch literarische, theologische und philologische Themen behandeln.
Einer klareren Zuordnung und einer größeren Bandbreite der verschiedenen Disziplinen wegen wurden zwei Unterreihen eingerichtet:
Die Reihe A „Grundlagen und Monumente“ setzt sich schwerpunktmäßig mit einzelnen Denkmälern bzw. Denkmalgruppen im Sinne einer korpusartigen Erfassung der Denkmäler auseinander.
In der Reihe B „Studien und Perspektiven“ werden einerseits Vorträge der Tagungen der „Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie“ publiziert, andererseits bietet sie ein Forum für Untersuchungen zu den verschiedensten Fragen aus dem Gebiet der spätantiken/byzantinischen Archäologie und Kunstgeschichte.