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Didaxe und Natur
Darstellung und Funktionalisierung der Natur in Thomasins von Zerklaere ,Welschem Gast‘, in Freidanks ,Bescheidenheit‘ und in Hugos von Trimberg ,Renner‘
Kurze Beschreibung
Anhand von volkssprachlichen Beispielen aus der literarischen Reihe ‚Didaktische Literatur‘ wird die Frage verfolgt, welche Rolle die Versprachlichung von Natur im didaktischen Kontext spielen kann und welche Wissensordnungen in ihrer Vertextung zusammenkommen. So zeigt die Arbeit, wie das Sprechen über die Natur ein dynamisches Ineinander verschiedener Diskurse ermöglicht und dadurch selbst Wissen und Wirklichkeit produziert. Gleichzeitig machen die Textanalysen deutlich, dass – trotz aller Varianz und Vielfalt – gewisse Strukturen erkennbar werden, die in einer wiederkehrenden Verbindung bestimmter Diskurskombinationen mit einzelnen Vertextungsstrategien bestehen.Ausführliche Beschreibung
Das 13. Jahrhundert kann im Hinblick auf die Veränderung der Naturwahrnehmung, vor allem durch die zunehmende Aristoteles-Rezeption im mittelalterlichen Westen, als eine Übergangszeit bezeichnet werden. Hier tritt – vereinfacht gesagt – neben das Verständnis der Naturbestandteile als heilsgeschichtlich auszulegende Zeichen eine andere Form der Naturwahrnehmung, welche eher von wachsender ‚Empirie‘ gekennzeichnet ist. Gleichzeitig ist das 13. Jahrhundert eine Zeit, die geprägt ist von der Zunahme volkssprachlicher Literatur, insbesondere von einer vermehrten Entstehung didaktischer Werke. Genau hier setzt die Arbeit an, in der nach der literarischen Darstellung der Natur und ihrer Instrumentalisierung zur Wissensvermittlung gefragt wird. Dabei geht es zum einen um die verschiedenen Vertextungsstrategien, mit denen die Natur versprachlicht wird, zum anderen um die Frage nach den Wissensordnungen, die in ihrer Vertextung zusammenkommen. So wird das Sprechen über die Natur als eine Praktik verstanden, die ein dynamisches Ineinander verschiedener Diskurse ermöglicht und dadurch selbst Wissen und Wirklichkeit produziert. Damit stellt die Arbeit gleichzeitig die übergeordnete Frage, welchen Raum Literatur bieten kann, um ein Sprechen und Denken über die Natur zu inszenieren, zu variieren oder überhaupt erst zu ermöglichen.Als didaktische Großform aus dem späten 13. Jahrhundert steht Der ,Renner‘ Hugos von Trimberg im Mittelpunkt der Analyse; vergleichend werden zwei weitere Beispiele der literarischen Reihe ‚Didaktische Literatur‘ miteinbezogen: ,Der Welsche Gast‘ Thomasins von Zerklaere sowie Freidanks ,Bescheidenheit‘.
Die Textanalysen machen deutlich, dass – trotz aller Varianz und Vielfalt – gewisse Strukturen erkennbar werden, die in einer wiederkehrenden Verbindung bestimmter Diskurskombinationen mit einzelnen Vertextungsstrategien bestehen. So zeigt sich: Die Rolle der Natur geht nicht in dem Dreischluss von bildlichem Sprechen, Anschaulichkeit und Belehrung auf. Mit ihrer Vertextung kann der Blick durch sie hindurch zum Schöpfer geführt oder – wie von einem Spiegel – auf den Rezipienten zurückgeworfen werden, gleichzeitig richtet sich der Blick wiederholt auf die Natur selbst und auf ihre Bestandteile wie Tiere und Pflanzen. Durch Sprache können Naturbilder entworfen und die Wahrnehmung der (außerliterarischen) Natur geformt werden, darüber hinaus können durch die Integration von Naturbezügen im Raum der Literatur die Funktionsweisen von Sprache und Wissensvermittlung selbst thematisiert werden.