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9783895008658

Herausgeber: Neudecker, Richard

Krise und Wandel

Süditalien im 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. Internationaler Kongress anlässlich des 65. Geburtstages von Dieter Mertens

2011
22,0 x 29,0 cm, 212 S., 139 s/w Abb., Broschur
29,90 €

ISBN: 9783895008658
Inhaltsverzeichnis
Probekapitel

Kurze Beschreibung

Sizilien und Unteritalien waren im 4. und 3. Jahrhundert v.Chr. der Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen indigener Bevölkerung, griechischstämmigen Siedlern und punischen Kolonisatoren. Ihre Städte und Siedlungen bieten ein hohes Potenzial, um die kulturellen und ökonomischen Auswirkungen solcher politischer und militärischer Krisen und kultureller Verschiebungen zu erforschen. Die Beiträge des Bandes reichen von regionalen Studien bis zu lokalen Analysen und gehen auf einen internationalen Kongress im Rahmen eines Forschungsprogramms über „Italische Kulturen vom 7. bis 3. Jahrhundert v.Chr. in Süditalien und Sizilien“ zurück. In Überblicken und anhand von Neufunden werden siedlungskundliche, archäologische und historische Aspekte analysiert.

Ausführliche Beschreibung

Sizilien und Unteritalien waren im 4. und 3. Jahrhundert v.Chr. der Schauplatz fast ununterbrochener Auseinandersetzungen zwischen indigener Bevölkerung, griechischstämmigen Siedlern, punischen Kolonisatoren und römischen Eroberern. In den griechischen Koloniestädten der Küstenzonen zeichnen sich sowohl im archäologischen Befund als auch in der historiographischen Überlieferung eine verbreitete Krisenstimmung, gelegentlich aber auch konkrete Krisen ab, denen auf der Seite der italischen und sizilischen Bevölkerungen des angrenzenden und des ferneren Hinterlandes eine kulturelle und auch militärische Erstarkung entpricht. Thema des vorliegenden Bandes sind die verursachenden und die resultierenden Veränderungen. Es wird dargestellt, in welcher Weise wirtschaftliche Verbindungen, künstlerische Beeinflussungen und Bevölkerungsmigrationen sich artikulieren und in verschiedenartige Problemlösungen münden, und wie sich die kulturelle Landkarte des südlichen Italien wandelt.
Die Städte und Siedlungen, insbesondere die urbanistischen Konzepte, die Heiligtümer und die Nekropolen bieten ein hohes Potenzial, um die kulturellen und ökonomischen Auswirkungen von politischen und militärischen Krisen zu erforschen. Dies Potenzial wird hier genutzt, indem traditionelle und aktuelle Konzepte der Kulturgeschichte an eben der Vielfalt der Ereignisse und Befunde überprüft werden. Neue Parameter der kulturellen Entwicklungsstufen und Formen der Adaption und Akkulturation, Modelle für Identitätswandel und Ethnisierung werden in den Fokus genommen. Das Material, das dazu versammelt wird, reicht von der Region der Brettier in Kalabrien, vom lukanischen Binnenland, von Roccagloriosa über Kroton nach Tarent, und in Sizilien von Selinunt über Iaitas bis in die Umgebung von Himera. In lokalen Studien und in regionalen Überblicken werden mittel Synthesen und Neufunden die variantenreichen Veränderungen im Siedlungswesen, die kulturellen Verschiebungen und die wirtschaftlichen Entwicklungen vorgestellt und analysiert.
Die Beiträge des Bandes gingen aus einem internationalen Kongress im Rahmen eines Forschungsprogrammes über „Italische Kulturen vom 7. bis 3. Jahrhundert v.Chr.“ hervor und sind von langjährigen, profunden Kennern der Materie verfasst. Sie präsentieren neue Einblicke und Interpretationen, geht es doch um nichts weniger als den anspruchsvollen Versuch, Leitlinien für Synthesen getaner Arbeit und Ansätze für die Einordnung der reich zufließenden neuen Befunde zu finden in einem seit längerer Zeit höchst aktiven und erfolgreichen Forschungsgebiet am Nabel des Mittelmeerraumes. Sie bieten deshalb auch oder ganz besonders allen denen, die sich der Süditalienforschung intensiver zuwenden möchten, einen gezielten Einstieg und Zugriff auf die zentralen Themen und Orte unter siedlungskundlichen, objektorientierten, kulturellen und historischen Apsekten.

Rezensionen

„R. Neudecker avait raison d'écrire que toutes ces contributions montrent la nécessité de continuer la recherche sur cette periode complexe afin d'aboutir à une synthèse. “

Von Francis Croissant

In: Revue Archeologique, 1, 2013, S.192-195.


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Der einige Jahre zurückliegende Kongress, der hier in einigen Beiträgen vorgelegt wird, richtete den Fokus auf die im 3. und 4. Jh. v. Chr. fast ununterbrochenen Auseinandersetzungen zwischen indigenen Bevölkerungsgruppen, ursprünglich eingewanderten griechischen Siedlern und punischen Kolonisatoren in Süditalien und Sizilien. Welche Auswirkungen hatten diese Krisen, und welche Formen von Wandel waren die Folge davon? (...) die Fragestellung (...) der sich die Autoren mit durchaus verschiedenen Herangehensweisen und ebenso unterschiedlichen Ergebnissen stellen. Besonders erfreulich ist dabei, dass nun immer mehr auch das Hinterland ins Blickfeld genommen wird, wo vor allem anhand von Surveys ein inzwischen etwas dichteres, wenn auch meist noch sehr vorläufiges Bild gewonnen werden konnte. Dies gilt vor allem für die Beiträge von A. Thomson, der im Hinterland von Selinunt Zentralisierungsprozesse in der indigenen Siedlungsstruktur aufzeigt, die zeitlich allerdings nicht eindeutig in direktem Zusammenhag mit den kriegerischen und politischen Ereignissen stehen (S. 27-37) (...).
Gerade in der Vielfalt und teilweisen Widersprüchlichkeit der Ergebnisse zeigt sich, dass monokausale Erklärungsmodelle im kleinräumigen und multikulturellen Umfeld Siziliens und Süditaliens wohl kaum haltbar sind und regional differenzierte und letztlich auch chronologisch deutlich weiter gespannte Untersuchungen noch stärker in den Vordergrund zu rücken sind.
Lorenz E. Baumer

In: Archäologische Berichte (2013) Band: 70/1 S. 119-120.

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“In 2006 Dieter Mertens, the best foreign connoisseur of both southern Italian and Sicilian archaeology, retired from his position as director of the German Archaeological Institute in Rome. On this occasion scholars in both fields came together for a colloquium on “Crisis and Change: South Italy in the 4th and 3rd century B.C.”
This title responds to Mertens’ own belief in a deep crisis in Magna Graecia at the end of the 5th century, which he expressed in his book that appeared in the same year. The colloquium was one of the first occasions in which scholars from southern Italy and the island of Sicily came together to reflect on the situation in late classical and early Hellenistic times. The result is far from clear.
On the one hand, elements of a general crisis seem to be indicated by declining indigenous settlements in the hinterland of Selinus (Andreas Thomsen, pp. 27-38), while others in Sicily are being abandoned (Stefano Vassallo, 55-78). A deep agrarian crisis seems to be reflected in early third-century poetry and the figural arts (Malcolm Bell, 193-206).
On the other hand, indigenous Sicilian populations rebuilt their settlements according to contemporary Greek town planning. Sometimes the natives erected new buildings of purely Greek type, such as the theater on Montagna dei Cavalli/Hippana (Stefano Vassallo, 55-78). The best documented site for this urbanization and monumentalization of Sicilian indigenous settlements comes from Iaitas/Monte Iato in northwest Sicily (Hans-Peter Isler, 147-174).
The Brettians of northern Calabria adopted Greek architectural models in the Hellenistic temple of Cirò (Pier Giovanni Guzzo, 21-26). In the southern Campanian hinterland of the Tyrrhenian coastline, in the 4th and 3rd centuries a new political identity developed among the local inhabitants, resulting in the introduction of new settlement patterns (Maurizio Gualtieri, 79-88). Inland Lucanian populations exhibit major settlement dynamics and probably social changes throughout the period in question (Massimo Osanna, 89-106). And even indigenous objects are present in the panhellenic sanctuary of Olympia (Alessandro Naso, 39-54). Only the appearance of Hannibal’s troops at the end of the 3rd century seems to lead to a profound crisis in the area (Massimo Osanna, 89-106). In Sicily, Punic settlement policy started a new phase (Sophie Helas, 175-192).
For the Greeks at Kroton (Roberto Spadea, 107-120) and Tarentum (Enzo Lippolis, 121-147) archaeological finds suggest a dynamic development throughout late classical and early Hellenistic times. Even here the war with Hannibal marked a real and deep crisis at the end of the 3rd century B.C. leading in the end to Romanization.
The discussions that took place during the colloquium have not been reproduced in the book. But Emanuele Greco’s conclusion, “la crisi non c’è stata,” has remained alive in memory. Already in 1999 the participants in the Agrigento colloquium “La Sicilia dei due Dionisi” were critical of the idea of a general crisis in the 4th century B.C., at least in Sicily. The recent Gela Survey came to the same result. No signs of crisis have been detected in the territory of Gela in the early 4th century.
We have to deal with local situations differently from area to area. As for earlier periods, such as the time of arrival of Greek settlers in Magna Graecia, there can be no general judgment. In the future, studies focusing on specific regions will have to judge the matter on a case-by-case basis.”

Johannes Bergemann

http://bmcr.brynmawr.edu/2013/2013-04-07.html
(23. April 2013)

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„Krise und Wandel werden im vorliegenden Band als ein sich gegenseitig bedingendes Gefüge verstanden. Einige Autoren präsentieren innerhalb dieses thematisch vorgegebenen Rahmens schlicht aktuelle Forschungsergebnisse und Fragestellungen, andere wiederum arbeiten sorgfältig mit den bisher zur Verfügung stehenden Informationen und wagen erste Interpretationen. Ganz im interdisziplinären Sinne und in der Tradition von Dieter Mertens wird von den jeweiligen Verfassern an den entsprechenden Stellen das archäologische Material mithilfe der uns zur Verfügung stehenden Schriftquellen ergänzt und eine Einbettung in den historischen Kontext vorgenommen. Die reiche Bebilderung des gesamten Bandes trägt in anschaulicher Weise zum Verständnis bei. Das dem Sammelband vorangestellte Schriftenverzeichnis von Dieter Mertens (7-13) sowie die bibliographischen Angaben am Ende eines jeden Beitrages tragen zur Übersichtlichkeit bei und runden diesen empfehlenswerten Sammelband in praktischer Weise ab.“

Jasmin Schäfer

In: Sehepunkte. 12 (2012) Nr. 12
http://www.sehepunkte.de/2012/12/21787.html (15. Januar 2013)

Autoreninfo

Der Herausgeber des Bandes Richard Neudecker, Jahrgang 1949, hat in München Klassische Archäologie, Lateinische Philologie und Alte Geschichte studiert. Er wurde dort mit einer Arbeit über „Die statuarischer Ausstattung römischer Villen in Italien“ promoviert und habilitierte sich ebenda mit einer Arbeit über „Die Pracht der Latrine“. Seit 1984 arbeitet er am Deutschen Archäologischen Institut in Rom, seit 1994 lehrt er auch an der Universität München. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der römischen Kulturgeschichte.

Reihentext


Mit den „PALILIA“ gibt das Deutsche Archäologische Institut in Rom eine neue Schriftenreihe heraus, in der monographische Arbeiten zur archäologischen Forschung in Italien und von Italien ausgehend veröffentlicht werden.
Dabei sollen insbesondere neue Fragestellungen und innovative Forschungsmethoden, aber auch vernachlässigte Themenbereiche in der klassischen Archäologie zu Wort kommen. Neben den zentralen archäologischen Forschungsgebieten wie griechisch-römische Plastik, Ikonographie, Architektur, Stadtforschung und topographische Untersuchungen werden auch Themen der Sozial-, Wirtschafts- und Religionsgeschichte sowie Materialien der Alltagskultur einbezogen.

Schlagworte

Antike (97) || Architektur (165) || Archäologie (518) || Archäologie einer Periode / Region (435) || Geschichte (828) || Italien (79) || Krise (3) || Landschaftsarchitektur und -gestaltung (33) || Landschaftsarchäologie (119) || Raumplanung (10) || Sizilien (13) || Stadt- und Gemeindeplanung (6) || Stadtplanung und Architektur (25) || Südeuropa (82) || Unteritalien (3)