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9783895003103

Editor: Klein, Hans-Günter

Die Mendelssohns in Italien

Ausstellung des Mendelssohn-Archivs der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz

2002
23.0 x 28.0 cm, 116 p., 13 illustrations color, 53 illustrations b/w, hardback
32,00 €

ISBN: 9783895003103
Preface
Table of Contents
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Short Description

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In den Süden hatte es die Deutschen schon immer gezogen; aber nach den napoleonischen Kriegen setzte eine neue, verstärkte Reisewelle ein, die immer weitere Kreise erfaßte – zu ihnen gehörten auch die Berliner Mendelssohns. Studien- und Bildungszwecke waren meist die Anlässe, insbesondere für Felix Mendelssohn Bartholdy. Sein Schwager Wilhelm Hensel, der spätere preußische Hofmaler, hatte vor seiner Hochzeit in Rom studiert, und als er mit seiner Frau Fanny nach Italien fuhr, war dies eine Kunstreise, auf der mit Besuchen von Gemäldegalerien und Malerateliers in weiterem Sinne berufliche Interessen dominierten. Fanny Hensel widmete sich der Musik: Als Pianistin trat sie in Rom oft in Konzerten auf, als Komponistin schrieb sie mehrere »italienische« Klavierstücke, die zu den bedeutendsten ihres Schaffens zählen.

Description

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Als Wilhelm Müller 1821 seine Rezension von “Reisebeschreibungen über Italien” veröffentlichte, listete er für die Jahre seit 1815 zehn Titel in 23 Bänden auf - nach den napoleonischen Kriegen hatte eine neue “Reisewelle” in den Süden eingesetzt, die immer weitere Kreise erfasste. Zu ihnen gehörten auch die Berliner Mendelssohns.
Moses, der Stammvater der Familie, ist zwar nicht in Italien gewesen, aber als Seidenfabrikant hat er mit Mailänder und Turiner Firmen Handel getrieben. Geschäftsbeziehungen anderer Art entwickelte dann sein Joseph, der 1795 eine Bank gegründet hatte, die bis 1938 bestand; er sollte sich später vor allem auf den Eisenbahnbau konzentrieren.
Moses Mendelssohns Enkel Johannes Veit war dann der erste aus der Familie, der nach Italien reiste - und sich als Maler dort bald so heimisch fühlte, dass er zeit seines Lebens in Rom geblieben und dort auch begraben ist. Sein Bruder Philipp folgte ihm einige Jahre später, bald nachdem Jacob Ludwig Salomo Bartholdy, der Bruder Lea Mendelssohns, als Diplomat in preußischen Diensten in Rom seine Amtsgeschäfte aufgenommen hatte. Als dann Dorothea Schlegel, die Mutter der beiden Maler, 1818 in die Ewige Stadt kam, um ihre Söhne zu besuchen, gab es dort schon eine kleine familiäre “Kolonie”. Die beiden Maler hatten sich den “Nazarenern” angeschlossen; Philipp fand mit seinen Fresken in der Casa Bartholdy große Anerkennung.
Der spätere Bonner Geographie-Professor Benjamin Mendelssohn, der Cousin der beiden Maler, reiste in Zusammenhang mit seinen wissenschaftlichen Studien 1824 in den Süden, hat dabei aber das für eine allgemeine Bildungsreise typische Besichtigungsprogramm nicht außer Acht gelassen.
Der Maler Wilhelm Hensel hatte vom preußischen König ein Stipendium für einen fünfjährigen Studienaufenthalt in Rom erhalten. Als er 1828 zurückkehrte, brachte er nicht nur die beiden Auftragswerke mit, eine Kopie der “Transfiguration” von Raffael und ein eigenes Gemälde (“Christus und die Samariterin”), sondern auch eine Fülle von Studien-Zeichnungen und kleinen Skizzen, die er in späteren Arbeiten verwendet hat.
Hensel hatte mit seinen öffentlich gezeigten Arbeiten so großen Erfolg, dass nun auch Abraham und Lea Mendelssohn Bartholdy ihre Zustimmung zu seiner Heirat mit ihrer Tochter Fanny nicht mehr verweigerten. Der Plan einer gemeinsamen Italien-Reise der ganzen Familie unter Hensels Leitung zerschlug sich. Der Sohn Felix fuhr 1830 allein - eine Bildungsreise unter besonderer Berücksichtigung der Musik. Zwar waren die musikalischen Erlebnisse des jungen Komponisten enttäuschend, aber er komponierte viel - und zeichnete. Aus mehreren Skizzen sind später fein ziselierte Aquarelle entstanden, die er meist als Freundschaftsgaben verschenkte.
Die Hensels reisten erst 1839 in den Süden, nun zusammen mit dem Sohn Sebastian. Es war eine Kunstreise, auf der für den preußischen Hofmaler in einem weiteren Sinne berufliche Interessen dominierten: sie besuchten gemeinsam Kunstgalerien wie auch die Ateliers von Malern und Bildhauern. Ein halbes Jahr blieben sie in Rom. Er hat Studien nach Modellen gemacht und wieder viel skizziert; seine Frau widmete sich der Musik: in Rom entstanden einige ihrer bedeutendsten Kompositionen, und als Pianistin spielte sie in öffentlichen und privaten Konzerten.
Als dann 1843 auch Fannys jüngere Schwester Rebecka mit ihrer Familie nach Italien aufbrach, erhoffte sie sich in dem warmen Klima eine Besserung ihrer schwachen Gesundheit, ihr Mann, der Mathematiker Gustav Dirichlet nutzte die Zeit für wissenschaftliche Studien in Bibliotheken. Beide erkrankten im Jahre darauf, hinzu kam, dass Rebecka schwanger war; so unternahmen die Hensels zu Beginn des Jahres 1845 eine neue Reise - nun nach Florenz -, um ihnen zu Hilfe zu kommen.
So unterschiedlich die Reisen der Geschwister zwischen 1830 und 1845 auch geplant waren und so differenziert sie im Detail gewesen sind, so wurden sie doch gleichsam überfangen von dem familiären Band der intensiven Kommunikation untereinander. Felixens Briefe, die ausführlichsten, die in der Familie aus und über Italien geschrieben worden sind, bildeten eine Art Basis für die späteren Reiseerlebnisse der beiden Schwestern. Auch die Grafiken, die aus dem Süden mitgebracht, später erworben oder auch angefertigt und verschenkt wurden, bildeten in den Gesprächen ständig Bezugspunkte für Erinnerungen und Hoffnungen auf Wiederholung.
Über die späteren Reisen der Mendelssohns ist nur wenig bekannt, da kaum entsprechende Materialien erhalten sind. Nach dem Tode des Komponisten Felix machte seine Witwe mit ihrer Familie eine touristische Reise nach Oberitalien; sein Bruder Paul, Bankier in dem Familienunternehmen, hat 1858/59 in Rom offensichtlich Geschäftliches mit Bildungs- und Urlaubszwecken verbunden. Aus der nachfolgenden Generation war es Sebastian Hensel, der auf einer Studienreise in die Schweiz einen Abstecher an den Comer See unternahm; und mehr als ein halbes Jahrhundert später war Ernst von Mendelssohn-Bartholdy, der Sohn Pauls, in Rom, um hier Verträge zu unterzeichnen, mit denen der Ankauf der Villa Falconieri in Frascati bzw. die Schenkung an den deutschen Kaiser besiegelt wurde.
Den Mittelpunkt der Ausstellung bilden die beiden gemeinsamen Reisen der Familie Hensel. Nach der Rückkehr von ihrem ersten italienischen Aufenthalt haben die Eheleute oft in Erinnerungen geschwärmt, galt ihnen doch vor allem die Zeit in Rom als eine der glücklichsten Phasen ihres Lebens. Sie “verarbeiteten” die Stimmungen der Wehmut und die derzeit nicht realisierbaren Hoffnungen auf eine neue Reise in gemeinsamer kreativer Tätigkeit. Fanny Hensel wählte aus ihren in Italien entstandenen Kompositionen einige aus, einige komponierte sie nun auch neu, und notierte diese Klavierstücke und Lieder in sorgfältiger Reinschrift auf verschieden-farbigen Notenpapieren, die Wilhelm Hensel mit Vignetten - entsprechenden italienischen Motiven - schmückte. Aus diesem “Reise-Album 1839-1840“, das erst vor kurzem von der Staatsbibliothek zu Berlin erworben wurde und bis dahin unbekannt war, werden alle italienischen Blätter gezeigt. Ist dieser Band eine Art zweites Tagebuch, zeitlich genau begrenzt, so ist Fanny Hensels großes “Bilder-Album” eins im herkömmlichen Sinne: in ihm hat sie Grafiken gesammelt, die ihr von befreundeten Künstlern geschenkt worden sind. Da sie auf ihren Reisen vielen Malern begegnete, befinden sich unter diesen Blättern auch viele italienische Motive: von ihnen wurden 18 für die Ausstellung ausgewählt; darunter sind Zeichnungen von Jean-Auguste-Dominique Ingres, dem damaligen Direktor der Académie de France in der Villa Medici, von Hensels Schüler August Kaselowsky, dem aus Berlin stammenden Brüderpaar Friedrich August und Julius Elsasser, von Julius Helfft und Louis Gurlitt.


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