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9783895005060

Kommentar und Inventar von Ian Rumbold unter Mitarbeit von Peter Wright. Einführung von Martin Staehelin. Herausgegeben von der Bayerischen Staatsbibliothek und Lorenz Welker

Der Mensuralcodex St. Emmeram

Faksimile der Handschrift Clm 14274 der Bayerischen Staatsbibliothek München

2006
22,5 x 32,0 cm, 488 S., 20 s/w Abb., Gebunden
258,00 €

ISBN: 9783895005060

Kurze Beschreibung

Der Mensuralcodex St. Emmeram ist eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Quelle zur Überlieferung der internationalen Mehrstimmigkeit in Mitteleuropa, die aus dem späten Mittelalter erhalten ist. Sie zeigt in besonderer Weise die allmähliche Akzeptanz des internationalen Stils im „rückständigen“ Mitteleuropa.
Der Codex (Clm 14274 der Bayerischen Staatsbibliothek) ist eine Papierhandschrift und enthält etwa 280 ein- und mehrstimmige Musikstücke sowie einen Index. Er entstand etwa in den Jahren 1435-1443, wobei der größte Teil von dem Schulmeister und Büchersammler Hermann Pötzlinger eingetragen wurde. Pötzlinger hinterließ seine Bibliothek dem Kloster St. Emmeram in Regensburg, wo er unter anderem als Schulmeister wirkte. Im Zuge der Säkularisation 1812 gingen seine Bände zusammen mit der St. Emmeramer Klosterbibliothek in den Besitz der Königlich Baierischen Hof- und Centralbibliothek – der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek – über.
Der Mensuralcodex St. Emmeram überliefert unter anderem große Teile des Werks von Guillaume Dufay, der wie kein anderer die musikalische Sprache Europas an der Wende vom Mittelalter zur Renaissance prägte. Weiterhin finden sich in der Sammlung Werke von Gilles Binchois und John Dunstable, aber auch Sätze von wenig bekannten Komponisten wie Hermann Edlerauer und Urbanus Kungsperger.
Das Faksimile enthält eine Einführung von Martin Staehelin (Universität Göttingen) sowie ein Kommentar von Ian Rumbold und Peter Wright (University of Nottingham), die den Codex und seinen Inhalt detailliert analysieren.

Ausführliche Beschreibung

Der Mensuralcodex St. Emmeram ist eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Quelle zur Überlieferung von internationaler Mehrstimmigkeit in Mitteleuropa, die uns aus dem späten Mittelalter erhalten ist. Sie ist mit Sicherheit die älteste erhaltene Sammlung internationaler Mehrstimmigkeit im deutschen Sprachbereich (vor den Handschriften in Aosta und Trient) und sie gibt in besonderer Weise Zeugnis für die allmähliche Akzeptanz eines internationalen Stils im „rückständigen“ Mitteleuropa.
Der Codex (Clm 14274 der Bayerischen Staatsbibliothek) ist eine Papierhandschrift im Format 28,5 x 21 cm und umfaßt 158 Blätter in 13 Lagen. Er enthält etwa 280 ein- und mehrstimmige Musikstücke sowie einen Index. Angelegt wurde er etwa in den Jahren 1435-1443, wobei der größte Teil des Inhalts von dem aus Bayreuth stammenden Schulmeister und Büchersammler Hermann Pötzlinger eingetragen wurde. Da Pötzlinger seine Bibliothek dem Kloster St. Emmeram in Regensburg hinterließ, wo er seit spätestens 1448 als Schulmeister wirkte, kamen die Bände aus seinem Besitz mit den übrigen Beständen der St. Emmeramer Klosterbibliothek im Jahr 1812 im Zuge der Säkularisation in die damalige Königlich Baierische Hof- und Centralbibliothek nach München, die spätere Bayerische Staatsbibliothek. In der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek befinden sich heute noch insgesamt 92 Bände aus Pötzlingers Besitz, davon wurden 56 Handschriften zumindest teilweise von ihm selbst geschrieben. Die heute übliche Bezeichnung des Clm 14274 als „Mensuralcodex St. Emmeram“ verweist auf die Herkunft aus dem Regensburger Kloster.
Die Handschrift überliefert unter anderem große Teile des Werks von Komponisten wie Guillaume Dufay, der wie kein anderer die musikalische Sprache Europas an der Wende vom Mittelalter zur Renaissance geprägt hat, und zwar mit zum Teil eigenständigen Fassungen und zahlreichen Unica. Dufay ist mit 42 Werken der wichtigste Komponist der Sammlung. Weiterhin finden sich in der Sammlung Werke von Gilles Binchois und John Dunstable, aber auch Sätze von wenig bekannten Komponisten wie Hermann Edlerauer und Urbanus Kungsperger. Neben internationaler Polyphonie dokumentiert der Codex die weiterbestehenden genuin zentraleuropäischen Traditionen in der liturgischen Einstimmigkeit, der usuellen Mehrstimmigkeit und in den lokalen Kompositionen, die bereits am Vorbild eines internationalen Stils entstanden.

Rezensionen

“The publication of the codex in facsimile marks a first culmination point in drawing this work together. (...)
The 150-page commentary volume, in English and German, provides a atate-of-the-art guide to the source. The bulk of it presents the first fruits of Rumbold and Wright’s collaborative research. Ever anticipated aspect is touched upon, with physical makeup, scribes and compilation receiving particularly thorough treatment. A brief introduction by Martin Staehlin succinctly highlights the most important aspects of the codex’s significance, and an extensive bibliography is provided. (...)
An influx in English music, by Dunstaple and Power among others, in the later layers of the codex reflects larger contemporary trends. It is not the international repertory, however, but the local, that makes the codex uniquely valuable and distinctive. (...) More than 100 works, however, are both anonymous and unknown outside the codex. New insights into this easily sidelined repertory will be among the most interesting avenues for further research. (...)
The facsimile itself is superb. The dource is presented at its original size, and runs complete from inside front-cover to inside back-cover in full colour apart from four now-lost pages that had to be recovered from microfilm. The high resolution renders even the subtlest details visible. (...)
Along with its companion-studies, the facsimile will undoubtedly make the St Emmeram codex less easy to overlook than it has been in the past. Thanks to all involved, it is on its way to becoming a central European source in every sense.”

David J. Burn

In: Early Music. XXXVII (2009) 2. pp. 311-313.

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„Er ist eines der wichtigsten und umfangreichsten Denkmäler der mehrstimmigen Musik im deutschsprachigen Raum, das uns aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhalten ist.“ und: „Er ist die älteste Sammlung internationaler Mehrstimmigkeit im deutschen Sprachraum.“ Dr. Rolf Griebel, Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, überschlug sich nur so mit Superlativen bei der Beschreibung des Mensuralcodex St. Emmeram.
Seit drei Jahrzehnten war es der Wunsch von Wissenschaft und Staatsbibliothek, ein hochwertiges Faksimile, das heißt eine originalgetreue Kopie, zu erstellen. Doch das Projekt scheiterte immer wieder an Finanzierungsfragen. Mit der Unterstützung durch die Oberfrankenstiftung kam aber der Durchbruch. Dazu gibt es einen deutschen und englischen Kommentar. Bei dem Reproduktionsverfahren wurde ausschließlich die digitale Technik angewandt. (...)
Der Mensuralcodex wurde von dem aus Bayreuth stammenden Lehrer und Pfarrer Hermann Pötzlinger seit der Zeit um 1430 angelegt. Die Papierhandschrift enthält 255 ein- und mehrstimmige Sätze geistlicher und weltlicher Musik. Pötzlinger verstarb 1469.“

In: Nordbayerischer Kurier (Bayreuth) vom 3. Oktober 2007

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„Das Werk ist die älteste und umfangreichste Handschrift aus Deutschland mit überwiegend mehrstimmigen Sätzen mit geistlicher und weltlicher Musik aus Italien, Frankreich, den Niederlanden und England. Die im Reichert-Verlag erschienene, hochwertige Faksimile-Edition einer der wertvollsten und seltensten Musikhandschriften aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wird durch einen deutschen und englischen Kommentar wissenschaftlich erschlossen. Die neuesten Ergebnisse eines in England abgeschlossenen großangelegten Forschungsprojekts über den Mensuralcodex konnten bereits einbezogen werden.“

In: Erbe und Auftrag. Benediktinische Zeitschrift Monastische Welt. 84 (2008). Heft 2. S. 238.

Schlagworte

1000 bis 1500 nach Christus (374) || 15. Jahrhundert (1400 bis 1499 n. Chr.) (140) || Europa (41) || Mensuralcodex St. Emmeram || Musik (105) || Musikgeschichte (33) || Partituren, Libretti, Liedtexte (27) || Spätmittelalter (29)