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Herausgeber: Vida, Tivadar; Winger, Daniel
Szólád I.
Das langobardenzeitliche Gräberfeld: Mensch und Umwelt
2022
21,0 x 29,7 cm, 376 S., 494 farb. Abb., 9 s/w Abb., Leinen
ISBN: 9783752006544
21,0 x 29,7 cm, 376 S., 494 farb. Abb., 9 s/w Abb., Leinen
89,00 €
ISBN: 9783752006544
Kurze Beschreibung
Beim ungarischen Dorf Szólád wurde ein kleines Gräberfeld der Langobardenzeit archäologisch und naturwissenschaftlich erforscht. Der vorliegende erste Band der Auswertung widmet sich den Untersuchungen von Böden und Pflanzen, von Resten von Vögeln und Fischen, und natürlich von den hier Bestatteten. Wir erfahren nicht nur, wie die Gräber angelegt und die Toten beigesetzt wurden, sondern auch, wie eine kleine bäuerliche Gemeinschaft am Übergang von der Spätantike zum Mittelalter die Landschaft am Balaton prägte und die lokalen Ressourcen nutzte.Ausführliche Beschreibung
Der 76. Band der Reihe „Römisch-Germanische Forschungen“ stellt Untersuchungen zu Mensch und Umwelt im Umfeld eines langobardenzeitlichen Gräberfelds am Balaton in den Mittelpunkt. Er ist ein Resultat der 2005 von der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts (RGK) und vom Archäologischen Institut der Ungarischen Akademie der Wissenschaften begonnenen Untersuchung des Gräberfeldes Szólád.Die sorgfältige Vorlage und Auswertung aller Daten aus archäologischen und naturwissenschaftlichen Untersuchungen bildet einen fundamentalen Beitrag zur Diskussion von kollektiven bzw. ethnischen Identitäten: Welche historischen Akteure wurden in den Gräbern bestattet? Repräsentieren sie historiographisch belegte Gruppen – wie eben jener schriftlich bezeugten gens der Langobarden? So wurden die in Szólád erhobenen Daten auch Teil der Referenzgruppe für das großangelegte internationale Forschungsvorhaben „HistoGenes“, das die gegenwärtige Diskussion um den Stellenwert von aDNA-Analysen für die Archäologie und Geschichte der Völkerwanderungszeit (4.–8. Jahrhundert) maßgeblich prägt.
Der Band Szólád I behandelt die sorgsam dokumentierten Befunde des Gräberfeldes zusammen mit den Ergebnissen landschaftsarchäologischer Untersuchungen zur Fundstelle sowie zur Anthropologie und Archäozoologie. Im geplanten zweiten Band wird die Vorlage der Funde und die kombinierte Auswertung aller Ergebnisse folgen.
Das Dorf Szólád liegt an der Peripherie des Südufers des Balatons. Wie die Landschaft sich den ankommenden Siedlern im 6. Jahrhundert präsentierte und wie der menschliche Einfluss, trotz fruchtbarer Böden, in der Folgezeit schwächer wurde, thematisiert der Band ebenso wie die Frage, wie die bäuerliche Gemeinschaft Ackerbau, Viehzucht und Fischfang betrieb und die natürliche Vegetation nutzte.
Der Löss, in den die Gräber eingetieft worden waren, bietet ausgezeichnete Erhaltungsbedingungen, und so lassen sich beispielsweise noch hölzerne Teller erahnen, von denen die Eier scheinbar erst gestern herunterrollten. Uns begegnen neben Beigaben von Gerätschaften auch Vögel und Fische und ein ganzes Pferd. Aber auch die Knochen der Bestatteten sind hervorragend überliefert und erlauben umfangreiche Untersuchungen an Erwachsenen und Kindern. Zudem lassen die guten Bedingungen eine detaillierte Rekonstruktion der Grabanlagen zu und geben so Einblick in den Umgang mit dem Tod und den Toten in einer kleinen bäuerlichen Gemeinschaft am Übergang von der Spätantike zum Mittelalter.
Autoreninfo
Tivadar Vida (Jg. 1962) ist Archäologe, Leiter des Lehrstuhls für Frühgeschichtliche und Mittelalterliche Archäologie und Direktor des Instituts für Archäologiewissenschaften der Eötvös Loránd Universität in Budapest; Wissenschaftlicher Berater im Institut für Archäologie des ELRN. Er war DAAD- und Humboldt-Stipendiat in München und Korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts. Sein Forschungsinteresse gilt der kulturellen und sozialen Struktur der lokalen und eingewanderten Völker des Karpatenbeckens und ihren eurasischen Beziehungen im ersten Jahrtausend n. Chr. Er hat Monographien über die awarische Keramik, das slawische Gräberfeld von Olympia und die frühbyzantinische Kanne von Budakalász veröffentlicht. Die Ausgrabungen des dortigen awarischen Gräberfelds wurden von ihm geleitet. Darüber hinaus ist er Mitglied des Redaktionsausschusses mehrerer archäologischer Fachzeitschriften, Mitherausgeber archäologischer Korpusreihen (MAA, MGAH), Teilnehmer an mehreren internationalen Forschungsprojekten, und einer der Leiter des bioarchäologischen ERC-Projekts „HistoGenes”.Daniel Winger (geb. Peters), Jg. 1978, studierte in Münster/Westf. sowie Härnösand und Östersund (Schweden), Ur- und Frühgeschichte, Mittelalterliche Geschichte und Geographie. Er wurde in Münster über eine Arbeit zum Frühmittelalterlichen Gräberfeld von Soest (6.–9. Jh.) promoviert. Danach war er im Rahmen eines bioarchäologischen Forschungsprojektes zu langobardischen Gräberfeldern des 6. Jahrhunderts in Tschechien, Österreich und Ungarn an der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts in Frankfurt am Main angestellt. Auf eine Assistenz am Institut für Prähistorische Archäologie an der FU Berlin folgte die Anstellung am neu eingerichteten Lehrstuhl Ur- und Frühgeschichte in Rostock. Mit aktuellen Projekten zu frühmittelalterlichen Fundplätzen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Baden-Württemberg bleibt die interdisziplinäre Gräberfeldarchäologie sein Forschungsschwerpunkt.