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9783895003776

Grueninger, Donat F.

»Deambulatorium Angelorum« oder irdischer Machtanspruch

Der Chorumgang mit Kapellenkranz – von der Entstehung, Diffusion und Bedeutung einer architektonischen Form

2005
17,0 x 24,0 cm, 444 S., 104 s/w Abb., 104 s/w-Abb. auf 63 Tafeln, Gebunden
49,00 €

ISBN: 9783895003776
Vorwort
Inhaltsverzeichnis

Kurze Beschreibung

Die Studie untersucht am Beispiel des Chorumgangs mit Kapellenkranz vom 11. bis zum 12. Jahrhundert, welche Bedeutung oder welche Aussagen eine architektonische Form übermittelten konnte. Der Text postuliert, Formen seien auf Grund ihrer Bedeutung gewählt worden, und er stellt eine Methode vor, wie die Kunstgeschichte das zeitgenössische Verständnis von Kunst rekonstruieren kann. Die dem Kunstwerk zugedachte Botschaft war für die Entstehung von Bauwerken wichtiger als die Funktionen, die sie zu erfüllen haben mochten.

Ausführliche Beschreibung

Selten in der Kunstgeschichte bezeichnet sich ein Objekt selbst so eindeutig wie der Chorumgang mit Kapellenkranz: Er habe Pilgern zur umgehenden Bewegung um ein Heiligengrab im Chor und als Hinführung zu sich anschließenden Kapellen gedient. Häufig zu selbstverständlich ging die bisherige Forschung daher auch davon aus, dass die Entstehung und Verbreitung jenes Bauelements ausschließlich in seiner baupraktischen Funktion begründet liege.
Die vorliegende Dissertation stellt derartige Thesen infrage. Der Autor erarbeitet die Entwicklung der Formen von den frühen Zeugnissen bis zu den Monumenten des 11. Jahrhunderts und weist nach, dass von einer einheitlichen Funktion der Chorumgänge keine Rede sein kann, ja dass sogar die meisten Chorumgänge gar keine feststellbare Nutzung erfuhren, die ihre Gestalt hätte determinieren können. Selbst bei den oft sogenannten Pilgerkirchen erklärt sich die Bauform nicht durch die Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela.
Es bleibt die Frage nach dem Grund für die immense Verbreitung dieser Form, der im zweiten Teil der Arbeit nachgegangen wird. Der Autor vertritt die Annahme, dass der Auftraggeber Bauelemente einsetzte, um dem Publikum auf diese Weise Aussagen zu vermitteln. Architektur wird durch eine solche Sichtweise zu einem Kommunikationsprozess, in dem das Bauelement die Rolle eines künstlerischen Kommunikationsmediums übernimmt.
Dieser Funktion gilt es nachzuspüren. Auf der Basis historischer Kenntnisse und mit Hilfe sozialgeographischer Forschungsansätze wird ein Konzept entwickelt, um den Verstehenshorizont des zeitgenössischen Kirchenbesuchers zu rekonstruieren. Es geht um das Wissen der Auftraggeber und des Publikums, und wie durch die visuellen Mittel der Architektur konkrete Aussagen repräsentiert werden konnten.
Die Modalitäten und Möglichkeiten dieser Repräsentation erforscht der Autor am Beispiel der Pilgerkirchen im normannischen England und in Italien. Dabei zeigt sich die Vielfalt der Aussagen, die der Chorumgang in unterschiedlichen Situationen ermöglichte.
Diese Schrift zeigt neue Perspektiven auf, die von Formen, Funktionen und dem historischen Umfeld zu neuen Interpretationsmodellen führen und die ein umfassenderes Verständnis von Architektur in ihrem Kontext anstreben.

Rezensionen

„So hinterlässt Grueningers Buch am Ende einen zwiespältigen Eindruck. Den skizzierten methodischen Schwächen steht das Verdienst entgegen, ein schwieriges Thema mutig angepackt zu haben. Auch hat Grueninger die reichhaltige fremdsprachige Literatur gewissenhaft eingearbeitet. Wirklich neu sind die meisten der gewonnenen Einsichten aber nicht, und das selbst gesteckte Ziel einer allgemein gültigen Erklärung der Bedeutung des Chorumganges mit Kapellenkranz als architektonischer Form ist nur zum Teil und mit großen Einschränkungen erreicht worden. Dennoch stellt Grueningers Buch einen anregenden und lesenswerten Beitrag zur aktuellen Debatte um die Geschichte und Bedeutung charakteristischer Typen in der Baukunst des Mittelalters dar.“

In: Sehepunkte. 7 (2007), Nr. 5 [15.05.2007]
http://www.sehepunkte.de/2007/05/10300.html

Autoreninfo

Donat Grueninger studierte von 1995 bis 2001 an der Universität Basel Kunstwissenschaft mit den Nebenfächern Französische Literaturgeschichte und Neuere Allgemeine Geschichte. Promotion Juni 2003 bei Prof. Beat Brenk in mittelalterlicher Kunstgeschichte über den Chorumgang mit Kapellenkranz.
Forschungsschwerpunkte sind die Bedingungen künstlerischer Innovation, der Einfluss des Phänomens Stadt auf die Kunst, insbesondere auf Architektur sowie Fragen der Bedeutung von Kunstwerken.

Schlagworte

1000 bis 1500 nach Christus (374) || 11. Jahrhundert (1000 bis 1099 n. Chr.) (37) || 12. Jahrhundert (1100 bis 1199 n. Chr.) (55) || Aquitanier || Architektur (165) || Architektur: Kirchen, Sakralbauten (46) || Bernardus, Claraevallensis (2) || Clermont-Ferrand || Cluniazenser || Deutsch (72) || England (9) || Englisch (6) || Franken (5) || Frankreich (26) || Französisch (7) || Galicien (2) || Geschichte der Architektur (48) || Heiricus, Altissiodorensis || Herbert , von Losinga || Italien (79) || Kapetinger || Karolinger (3) || Kunst (43) || Kunst: Themen und Techniken (399) || Normandie || Normannen (3) || Religiöse Motive in der Kunst (25) || Robert II., France, Roi || Santiago de Compostela || St-Aignan in Orléans || St-Germain in Auxerre || Stämme || Tournus || William I., England, King || Zisterzienser (7)