(0)
9783895004162

Aus dem Dari übersetzt und herausgegeben von Lutz Rzehak

Die Taliban im Land der Mittagssonne

Geschichten aus der afghanischen Provinz. Erinnerungen und Notizen von Abdurrahman Pahwal

2004
148,0 x 210,0 cm, 144 S., 4 s/w Abb., Broschur
16,90 €

ISBN: 9783895004162
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Probekapitel

Kurze Beschreibung

The book presents the German translation of a Persian manuscript from Afghanistan with personal memories and notes of the reign of the Taliban which were written down by a local intellectual immediately at the time of the Taliban. It seems to be the first comprehensive description of the Taliban from an inner-Afghan point of view. In terms of time the manuscript gives a mostly chronological summary of the events which had taken place from the emergence of the Taliban and the rise of their power up to the end of their rule in autumn 2001. Sometimes the author refers to earlier events which may date back up to the 1950ies. From a regional point of view the main focus of the narrative is on the province of Nimroz in South-Western Afghanistan.
Additional information about persons, places, ethnic groups and selected events which are mentioned in the text, is given in footnotes. The foreword presents information about the author of the manuscript, who died from an illness in April 2002. Here the editor and translator gives also a short analysis of the narrative structure of the manuscript which is aimed to show to which of our questions about the history of the Taliban this text may be an authentic testimony.

Ausführliche Beschreibung

Dieses Buch enthält die deutsche Übersetzung einer in Persisch (Dari) verfassten und bislang unveröffentlichten Handschrift, die der Herausgeber und Übersetzer im Herbst 2002 bei einer Forschungsreise nach Afghanistan finden konnte. Die Handschrift beinhaltet persönliche Erinnerungen und Notizen des inzwischen verstorbenen afghanischen Intellektuellen Abdurrahman Pahwal an die Zeit der Taliban-Herrschaft. Diese Aufzeichnungen, größtenteils während der Taliban-Herrschaft angefertigt, sind die erste umfassende Schilderung der Geschichte der Taliban aus innerafghanischer Perspektive.
In zeitlicher Hinsicht gibt die Handschrift einen chronologisch geordneten Überblick über die Ereignisse, die sich vom Auftauchen der Taliban bis zum Ende ihrer Herrschaft im Herbst 2001 zugetragen haben. Gelegentlich wird auch auf frühere Ereignisse Bezug genommen, die bis in die 1950er Jahre zurück liegen.
In räumlicher Hinsicht konzentriert sich die Schilderung auf die Geschehnisse in der Provinz Nimruz, also einer Gegend abseits der in den Medien viel beachteten Regionen Kabul, Kandahar, Kunduz oder Mazar-i Sharif. Nimruz ist in den sonstigen Berichten weitgehend unbeachtet geblieben, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung Afghanistans gerade dort zu Hause ist.
In ihrer Erzählstruktur sind die Erinnerungen Pahwals zwischen oraler Erzähltradition, Memoirenliteratur und moderner Geschichtsschreibung anzusiedeln. Der Verfasser sieht sich in erster Linie als Bewahrer der Erinnerung an vergangene Ereignisse. Seine Aufzeichnungen weisen einige Merkmale auf, die auch schon aus der persischsprachigen Memoirenliteratur bekannt sind. Abschnitte aus dem Leben des Verfassers werden rekonstruiert und von Zeit zu Zeit mit der Darstellung der Geschichte der Taliban-Herrschaft in Nimruz verflochten. Insgesamt ist das Werk aber keine Autobiographie, denn der Autor folgt seinem Anspruch, vornehmlich politische bzw. historische Ereignisse und Prozesse der jüngeren Vergangenheit festzuhalten und möchte seine schriftstellerische Tätigkeit vor allem unter historiographischen Gesichtspunkten gewürdigt sehen. Mit der oralen Erzähltradition verbindet ihn der Brauch, vergangenes Geschehen in Form einzelner Geschichten zu erzählen. Auch eine wohlgebildete Geschichte gilt dabei als pragmatisch defizitär, wenn sie keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Geschehens anbieten kann. Deshalb wird Geschichte wie bei oraler Überlieferung gern in Form von metaphorischen Geschichten erzählt, bei denen fiktional-dichterische Elemente gegenüber dem faktualen Geltungsanspruch einer historiographischen Darlegung keine alternative, sondern eine zusätzliche Dimension der Sinnbildung darstellen. Darüber hinaus wollte Abdurrahman Pahwal aber auch den Ansprüchen jener modernen Geschichtsschreibung genügen, mit der er aufgrund seiner universitären Ausbildung und akademischen Tätigkeit vertraut war. All diese Ansprüche lassen sich in der Absicht bündeln, vergangenes Geschehen als objektiv sinnvollen und kohärenten Zusammenhang mit erklärbaren kausalen Verknüpfungen zu begreifen. Gelegentlich bietet Pahwal deshalb analytische Zusammenfassungen oder er führt jene Faktoren an, die das eine oder andere Ereignis seiner Meinung nach bewirkt haben.
Sein Text bietet so anschauliche Informationen über die Helfershelfer der Taliban im Ausland sowie aus den Kreisen der einheimischen Bevölkerung. Wir lernen Personen kennen, die es verstanden haben, ungeachtet ideologischer Vorbehalte jedem Herrschaftssystem zu dienen, das es in den vergangenen 25 Jahren in Afghanistan gegeben hat. Das Phänomen Taliban wird somit seiner ideologischen Überfrachtung entrissen.

Schlagworte

Abdurrahman Pahwal || Afghanistan (36) || Biografien und Sachliteratur (115) || Dari (3) || Geographie (512) || Humangeographie (11) || Kabul || Kandahar || Kunduz oder Maza-r-i Sharif || Memoiren, Berichte/Erinnerungen (11) || Nimruz || Pahwal, Abdurrahman || Soziologie und Anthropologie (108) || Taliban-Herrschaft || Volkskunde (10) || Völkerkunde (8) || Zentralasien (51)