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Ortolf von Baierland und seine lateinischen Quellen
Hochschulmedizin in der Volkssprache
1992
17.0 x 24.0 cm, 248 p., cloth
ISBN: 9783882265385
17.0 x 24.0 cm, 248 p., cloth
39,00 €
ISBN: 9783882265385
Short Description
No English description available. Showing German description:Ortolf von Baierland hat in seinem deutschsprachigen Arzneibuch einen Überblick über das heilkundliche Wissen seiner Zeit, des 13. Jahrhunderts, gegeben: Er benutzte die berühmtesten Vertreter der (lateinisch orientierten) Hochschulmedizin (Rhazes, Isaak Judaeus, Aegidius Corboliensis, Gilbertus Anglicus) als Vorlagen, gestaltete ihre Aussagen jedoch entscheidend um und ordnete den hochkomplizierten Inhalt seinem einfachen und griffigen Konzept unter.
In der vorliegenden Studie werden diese allgemeinen Beobachtungen im Detail belegt. Dabei ergeben sich nicht nur zahlreiche Hinweise zur Textkritik und Kommentierung sowie erstmals eine genaue Strukturanalyse dieses bekannten mittelalterlichen medizinischen Lehrbuchs, sondern auch eine neue Sicht auf den Umgang mit Autoritäten und damit ein differenzierteres Bild von der zeitgenössischen Mentalität. Weitere Erkenntnisse betreffen Adressaten und Rezipienten des Werks, die Wege der Wissensweitergabe und die landessprachige (Wund-)Arztausbildung.
Description
No English description available. Showing German descriptionOrtolf von Baierland hat für sein deutschsprachiges Arzneibuch nach eigener Aussage eine Vielzahl hochrangiger lateinischer Vorlagen verwendet. Diese Behauptung wurde in weiten Teilen schon vor längerer Zeit grundsätzlich verifiziert, wobei jetzt die Zahl der tatsächlich verwendeten Werke reduziert werden konnte. Die Grundlagenkapitel des Anfangsteils knüpfen an Rhazes’ „Liber regius ad Almanorem“ an, die Harndiagnostik basiert auf der Monographie des Isaac Judaeus und auf dem Lehrgedicht Gilles de Corbeils, der auch die Quelle für die Sphygmologie verfasste, und die Verbindung zwischen den hippokratischen Aphorismen bzw. Prognosen und dem deutschen Text ist so eng, dass man hier sogar von einer Übersetzung sprechen kann. Der internmedizinisch ausgerichtete Hauptteil beruht auf dem verbreiteten „Compendium medicinae“ des Gilbertus Anglicus, aus dem überraschenderweise auch die chirurgischen Nachträge geschöpft sind. Offen ist lediglich die endgültige Klärung der komplizierten Verhältnisse beim offenbar kleinflächig kompilierten und neu strukturierten Aderlass-Kurztraktat. Als Handicap erwies sich immer wieder die bislang fehlende Aufarbeitung des lateinischen mittelalterlichen Schrifttums. Dennoch wurde ein Detailvergleich zwischen Quellenvorgabe und deutschem Text gewagt, der gleichzeitig eine möglichst exakte Analyse von Ortolfs Werk insgesamt sein will. Dieses erweist sich in seiner überwiegend äußerst lockeren Verbindung zur jeweiligen Vorlage und in der extremen Verkürzung komplexer Zusammenhänge nicht nur als eigenständig formuliert: Über die radikale Reduktion hinaus zeichnet sich sogar eine von Ortolf selbst entwickelte, ebenso einfache wie leistungsstarke zugrundeliegende Moralvorstellung ab, die als roter Faden vereinheitlichend das gesamte Lehrbuch durchzieht und zu deren Gunsten bedenkenlos sogar die Aussagen der Autoritäten umgebogen werden.