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Exkurse im höfischen Roman
2017
15.5 x 23.0 cm, 632 p., hard cover with dust jacket
ISBN: 9783954902330
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15.5 x 23.0 cm, 632 p., hard cover with dust jacket
119,00 €
ISBN: 9783954902330
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Short Description
If one takes the term digression literally, it is a deviation from the regular course of the narrative, and in fact the digression is centrally determined by its quality of difference: In the courtly novel, it suspends the order of narration and allows the narrator to adopt an alternative speech posture, in which he usually addresses his audience directly with various topics. The study is initially aimed at a specialist medievalist audience, but also serves a broader interest in the development of the vernacular novel and its narrator figure.Description
No English description available. Showing German descriptionEin Exkurs ist, wenn man den Begriff wörtlich nimmt, eine Abschweifung, ein Abweichen vom regulären Cursus der Erzählung. Im Exkurs nimmt der Erzähler eine alternative Sprechhaltung an, in der er – meist in direkter Ansprache an sein Publikum – über Themen reflektiert, die von der Erzählung angeregt werden. Als eine generische Transgression, als ein Überschreiten des romanhaften Erzählens hin zur alternativen Aussageform der Reflexion ist der Exkurs in jedem – auch außerliterarischen – narrativen Sprechen mit einer ausgewiesenen Erzählerposition angelegt. Im volkssprachigen Roman des Mittelalters ist der Exkurs seit seiner anfänglichen Verwendung bei Chrétien de Troyes ein zentrales Mittel der erzählerischen Gestaltung und trägt als Transgression des Narrativen in die Reflexion elementar zur literarischen Sinnbildung bei. Im Modus des Wiedererzählens wird der Exkurs zunächst als regelpoetisches Verfahren einer dilatatio materiae der französischen Vorlage eingesetzt, entwickelt sich aber schnell zu einer elaborierten Darstellungsform. Vor allem im deutschsprachigen Raum wird der Exkurs seit Hartmann von Aue zu einer literarische Mode, die von den hochhöfischen Autoren um 1200 anregungsreich fortgeschrieben wird und sich um 1300 schließlich einem experimentierenden Umgang öffnet, als die Gattung des höfischen Versromans mit den Minne- und Aventiureromanen noch einmal aufblüht, um dann zu enden. Während die Forschung die Exkurse bislang ausschließlich in Einzelwerkinterpretationen analysiert hat, nimmt diese Studie in einer Typologie der Exkurse eine das Einzelwerk übersteigende Perspektive ein. Sie weist den Exkurs in der Zusammenschau mehrerer Romane, die über drei Zeitschnitte organisiert sind, als eigenes literarisches Register aus und versucht, ihn in seinem Funktionieren und seiner diskursiven Qualität herauszustellen.
Die Exkurse etablieren als Inseln der Reflexion ein vertieftes Nachdenken über die erzählte Handlung und werden gezielt als Modus eines reflektierenden Sprechens, als ein spezifischer Habitus des Erzählers eingesetzt. Im Laufe der Gattungsgeschichte des höfischen Romans prägen sich inhaltliche Konventionen und Stilmerkmale des Exkurses aus, die die vorliegende Studie exemplarisch analysiert und zu einer Poetik des Exkurses im höfischen Roman verdichtet. Es zeigt sich, dass der Exkurs in einem artistisch kompetenten höfischen Erzählen ein zentrales Register darstellt, das eine eigene literarische Tradition entwickelt und den höfischen Roman zur Reflexion öffnet.
Biographical Note
Sandra LindenWerdegang: Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Aachen, Köln und Tübingen, Promotion in Tübingen 2004, Habilitation in Tübingen 2015
derzeitige Tätigkeit: akademische Rätin am Deutschen Seminar der Universität Tübingen
Forschungsschwerpunkte: Literatur des Hochmittelalters, Narratologie, Kommunikationstheorie, höfischer Roman, Personifikationen, Versnovellistik, Frauenmystik
Series Description
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Die „Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters“ (MTU) sind eine international hochrenommierte Reihe der germanistischen Mittelalterforschung. Sie stellt ausgewählte editorisch und methodisch-analytisch orientierte Arbeiten von Fachkollegen aus dem In- und Ausland für die wissenschaftliche Öffentlichkeit bereit. Publikationssprachen sind Deutsch und Englisch. Die Reihe versteht sich als Forum für Publikationen zur Grundlagenforschung (Editionen, Untersuchungen zur Überlieferungs- und Textgeschichte, Standardrepertorien aus den Bereichen der material philology) wie auch für analytische Beiträge zur aktuellen Methodendiskussion anhand exemplarischer Untersuchungen.