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9783895007248

Roesler, Ulrike

Frühe Quellen zum buddhistischen Stufenweg in Tibet

Indische und tibetische Traditionen im »dPe chos« des Po-to-ba Rin-chen-gsal

2011
17,0 x 24,0 cm, 740 S., 2 Karten, 5 farb. Abb., Gebunden
69,00 €

ISBN: 9783895007248
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Probekapitel

Kurze Beschreibung

Die tibetische Kultur erlebte im 11. und 12. Jahrhundert zahlreiche Neuerungen: Der Buddhismus fasste auf dem tibetischen Hochland Fuß und es entstanden die großen Schulrichtungen. Gleichzeitig schufen tibetische Buddhisten wichtige Genres der buddhistischen Literatur. Auch der Dharma in Beispielen des Po-to-ba Rin-chen-gsal, ein frühes Werk über den „Stufenweg zur Erleuchtung“ (lam rim), entstand in dieser Zeit. Er kombiniert Elemente des indischen Buddhismus mit einheimischen tibetischen, wie z.B. Anekdoten, Sprichwörtern und Zeugnissen über Po-to-bas Zeitgenossen und stellt damit eine kulturhistorisch hochinteressante Quelle dieser Epoche dar. Die Monographie bietet eine ausführliche Einführung in den geistesgeschichtlichen Kontext sowie die Erstübersetzung des „Dharma in Beispielen“ in eine westliche Sprache.

Ausführliche Beschreibung

Als der Buddhismus das tibetische Hochland erreichte, galt es, die neue Religion umfassend, authentisch und gleichzeitig in verständlicher Form zu präsentieren. So wurden nicht nur in enormem Umfang indische Werke ins Tibetische übersetzt, sondern gleichzeitig auch neue Formen des Lehrens und Schreibens gesucht, die der tibetischen Hörerschaft angemessen waren. In dieser Hinsicht haben insbesondere die Lehrer des 11. und 12. Jahrhunderts während der sogenannten „zweiten Verbreitung“ des Buddhismus (phyi dar) sehr intelligente und gleichzeitig unterhaltende Lösungen gefunden.
Einer dieser Lehrer ist Po-to-ba Rin-chen-gsal (1027/31-1105), ein früher und überaus einflussreicher Vertreter der bKa’-gdams-pa-Schule. Er war ein direkter Schüler des Schulgründers ’Brom-ston-pa und ist insbesondere für seine anschauliche Art des Lehrens bekannt. Seine Schüler verfassten auf der Basis seiner mündlichen Vorträge ein ausführliches Lehrwerk mit dem treffenden Titel dPe chos, „Dharma in Beispielen“, das bis heute oft und gern zitiert wird. Es erläutert alle Schritte auf dem Pfad zum Erwachen anhand von Beispielen, die etwa zur Hälfte der indischen Tradition entnommen sind, im übrigen jedoch aus Po-to-ba’s direktem Umfeld stammen. So bietet dieses Werk Gleichnisse, Anekdoten, Sprichwörter und Lieder, die uns einen anschaulichen Eindruck der Kultur dieser Zeit geben.
Gleichzeitig basiert der dPe chos auf dem Konzept eines stufenweisen Fortschritts auf dem Weg zur Erleuchtung. Es handelt sich damit um einen vollständigen lam rim („Stufenweg“ zum Erwachen), der den gesamten Buddhismus - von den Anfängen über die Philosophie des Mahayana bis hin zu tantrischen Praktiken - zu einem System zusammenfasst. Po-to-ba und seine Zeitgenossen haben so die Grundlagen für ein wichtiges buddhistisches Genre gelegt, das in späteren Jahrhunderten insbesondere durch Tsong-kha-pas lam rim-Werke berühmt wurde, jedoch auch in anderen Schultraditionen weiterlebt.
Das vorliegende Buch bietet eine ausführliche Einführung in den kulturgeschichtlichen Kontext und eine komplette Erstübersetzung des Werks. Die Einführung behandelt indische Einflüsse und Vorbilder, die didaktische Erzählungsliteratur Indiens und Tibets, den historischen Kontext der bKa’-gdams-pa-Bewegung, das Leben des Po-to-ba und die Überlieferungsgeschichte seines dPe chos. Die Übersetzung erschließt den Text anhand umfassenden Kommentarmaterials. Das Buch schließt mit einem Glossar, einer Untersuchung der stilistischen und grammatischen Besonderheiten, Kartenmaterial und einem Verzeichnis der im dPe chos zitierten indischen Werke.
Die Monographie versteht sich damit als Beitrag zur Religionsgeschichte Tibets sowie als Studie der Kulturgeschichte und der interkulturellen Berührungen jener Epoche.

Rezensionen

„Insgesamt erschließt dieser Band nicht nur akademisches Neuland, sondern regt auch zu weiteren Forschungen an: Ein interessanter Ansatz wäre durchaus, die bereits oben erwähnten Literatur- und Gattungsentstehung aus mündlicher Tradition anhand weiterer Beispiele zu ergründen. Auch die jahrhundertelange Rezeption des Stufenweges und des Geistestrainings in den unterschiedlichen tibetischen Traditionen gilt es zu verfolgen. Dazu kann auch die Rezeption im heutigen Europa und den USA gehören. Denn wie Roesler anmerkt (S.9, Fußnote 16), erfreut sich das Geistestraining auch in der heutigen Gelug (dGe-Iugs) Tradition, vielleicht schon aus historischen Gründen, großer Beliebtheit. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Technik der Geistesübung auch in den Nicht-Gelug Schulen in jüngster Zeit eine Renaissance erfahren hat. Auch die Erforschung der eher stiefmütterlich beachteten weltlichen Erzählliteratur des Kadam Legbam (glegs barn) könnte dank Frühe Quellen voran getrieben werden. In jedem Fall wären in Zukunft neben den genannten Überblicksstudien (...) weitere Untersuchungen bedeutender Textzeugen mit der Substanz und Qualität des hier besprochenen Beitrags sehr zu wünschen.“

Von Jim Rheingans

In: Orientalische Literaturzeitung, Band 110, Heft 1, 2015, S. 77-82.


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„Dieses Werk ist sicherlich dem fachkundigen Publikum, das sich mit dem Stufenweg, der Literatur der Kadampa, Potowa uns seiner Tradition usw. auseinandersetzen will, sehr von Nutzen. Für den tibetologisch nicht gebildeten Leser ist [der] erste Teil des Werkes, allein aufgrund der Fülle an fachlichen Informationen, nur schwer rezipierbar. Der zweite Teil, der abgesehen von Fachtermini und einer Menge an Fußnoten, im Wesentlichen Beispiele mit Erläuterungen enthält, dürfte auch dem interessierten, buddhistisch gebildeten Laien zugänglich sein.“

Petra Maurer

In: Tibet und Buddhismus. XXVII (2013) Nr. 104. S. 50.

Autoreninfo

Ulrike Roesler

(*1963) wurde in Indologie an der Universität Münster promoviert und habilitierte sich in Tibetologie an der Universität München. Sie lehrte Indologie in Marburg und Freiburg und ist seit 2010 als Lecturer in Tibetan and Himalayan Studies an der Universität Oxford tätig. Ihre Forschungsinteressen reichen von den Liedern des Rigveda zur buddhistischen Literatur Tibets. Insbesondere interessiert sie sich für die Geschichte der bKa’-gdams-pa-Schule, für die Erzählungsliteratur Indiens und Tibets und für die tibetische biographische Literatur. Ihre jüngsten Buchpublikationen sind „Frühe Quellen zum buddhistischen Stufenweg in Tibet“ (Reichert Verlag 2011) und „Lives Lived, Lives Imagined: Biographies in the Buddhist Traditions“ (ed., Wisdom Publications 2010).

Schlagworte

1000 bis 1500 nach Christus (379) || 11. Jahrhundert (1000 bis 1099 n. Chr.) (37) || 12. Jahrhundert (1100 bis 1199 n. Chr.) (55) || Anthropologie (80) || Buddhismus (39) || Buddhismus: Einzelne Gruppen (12) || Buddhismus: Leben und Praxis (3) || China (47) || Mahayana Buddhismus (12) || Ostasien, Ferner Osten (40) || Religion und Glaube (227) || Rin-chen-gsal || Sozial- und Kulturanthropologie, Ethnographie (78) || Soziologie und Anthropologie (109) || Tibet (31) || Tibetischer Buddhismus (12) || bKa’-gdams-pa-Schule