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9783895004032

Herausgeber: Koenen, Ulrike; Müller-Wiener, Martina

Grenzgänge im östlichen Mittelmeerraum

Byzanz und die islamische Welt vom 9. bis 13. Jahrhundert

2008
17,0 x 24,0 cm, 216 S., 10 farb. Abb., 57 s/w Abb., 10 Farbabb. auf 8 Tafeln, Gebunden
58,00 €

ISBN: 9783895004032
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Probekapitel

Kurze Beschreibung

Die interdisziplinären Beiträge dieses Bandes unterziehen überkommene Denk- und Erklärungsmuster einer kritischen Revision. Sie stellen das Verbindende des antiken Erbes und einer daraus entwickelten gemeinsamen „visuellen Kultur“ dem nur scheinbar Trennenden machtpolitischer Auseinandersetzungen und religiöser Gegensätze gegenüber und gewinnen so neue Erkenntnisse.

Ausführliche Beschreibung

Dieser Band versammelt Beiträge von Autoren aus vier Fachrichtungen: Orientalische Archäologie und Kunst, Spätantike und Frühchristliche Archäologie, Byzantinische Kunstgeschichte, Islamische Kunstgeschichte und Archäologie. Der Begriff „Grenzgänge“ ist in mehrfacher Hinsicht programmatisch zu verstehen. Er umschreibt schlagwortartig einen Ansatz, der das Denken in den Grenzen institutionell verankerter akademischer Disziplinen hinterfragt und überkommene Erklärungsmuster einer kritischen Revision unterzieht. Zugleich verweist er auf die Problematik, die mit der künstlichen Abgrenzung von ethnisch, linguistisch und religiös definierten Einheiten verbunden ist und den historischen Gegebenheiten nicht gerecht wird. Einen alternativen Ansatz bietet die Auffassung des Mittelmeergebietes als umfassender Kulturraum, der eine Vielzahl kultureller, religiöser und nationaler Entitäten zu einer über diverse Kontaktfelder und Kommunikationsebenen verbundenen Gesamtheit zusammenfasst. Stärker als das vorübergehend Trennende sich ständig verändernder politischer Grenzziehungen, die in ihrer Wirkung und Ausprägung in keiner Weise mit heutigen Vorstellungen von Grenzen verglichen werden können, wirkt als ein wesentliches verbindendes Element das spät-antike Erbe, das den Grundstock bildet für die Ausbildung einer gemeinsamen „visuellen Kultur“. Ständig sich verändernden politischen Kraftfeldern steht eine kulturelle „Osmose“ künstlerischer Ausdrucksformen gegenüber, die aus einem lange währenden Prozess wechselseitigen Austauschs resultiert. Eine solche Sichtweise richtet den Fokus auf Fragen nach den Mechanismen und der Dynamik von Transferprozessen, die bei der Übertragung von geistigen Inhalten, Normen, Riten, Repräsentationen und Bildern zum Tragen kommen und die wesentlich auch über die materielle Kultur vermittelt werden. In diesem Sinne bietet der Band ein breites Spektrum von verschiedenen Ansätzen, jeweils ausgehend von unterschiedlichem Material wie theoretisch methodenkritisch angelegte Beiträge (Koenen), objektorientierte Untersuchungen (Bosselman-Ruickbie, Müller-Wiener) und solche, bei denen die Auswertung von Schrift- und Bildquellen (Hauser, Shalem, Effenberger, Asutay-Effenberger) im Vordergrund steht.

Rezensionen

„Im Einzelnen versammelt der Band gewichtige, präzise Spezialstudien (...). Diese Fallstudien erbringen im Speziellen wichtige Ergebnisse (...).
Gewürdigt sei im Folgenden allerdings vor allem die Gesamtleistung des Bandes, der 1. Disziplinen miteinander ins Gespräch bringt, die, wie die Geschichte und Kunstgeschichte der islamischen Welt und des byzantinischen Reiches, im Gefolge disziplinärer Ausdifferenzierungen im 19. Jahrhundert als Spezialgebiete entweder dem Kompetenzbereich der Byzantinistik bzw. der byzantinischen Kunstgeschichte oder der Orientalistik bzw. orientalischen Kunstgeschichte zugeordnet wurden und bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein wenig in Austausch miteinander standen.
Damit wird 2. ein Beitrag zur Geschichte des Mittelmeerraum im Mittelalter geleistet, der in Deutschland) anders als beispielsweise in Frankreich) bis vor wenigen Jahren weitgehend nicht als ein Sprachen- und Religionsgrenzen übergreifendes, kulturelles oder geographisches Gefüge gedacht und erforscht wurde. Erst in jüngerer zeit erlebt die Geschichte des
Mediterraneums im Mittelalter Konjunktur, was sich nicht zuletzt in der Gründung von Forschungszentren und -gruppen mit mediterranistischer Schwerpunktsetzung widerspiegelt. Die vorliegende Studie aus dem Jahr 2008 nimmt in dieser Hinsicht bereits eine Vorreiterrolle ein.
3. In den Blick genommen wird ein Zeitabschnitt mediterraner Geschichte, der in zahlreichen Mittelmeerstudien eine untergeordnete Rolle spielt. Spätestens seit der Arbeit von Horden/Purcell hat sich das Merkmal der „connectivity“ für die Geschichte des Mittelmeerraums durchgesetzt. Bestimmte historische Phasen sind für das Konnektivitätsmodell besonders attraktiv (...)
Das frühe Mittelalter bzw. die Phase vor den Kreuzzügen wird allerdings in Studien zur Geschichte des Mediterraneums, nicht nur in Deutschland, nach wie vor wenig berücksichtigt. In der Forschung wird beispielsweise das 10. Jahrhundert sogar nach wie vor häufig als Periode des „Zerfalls der mediterranen Welt“ beschrieben. Die kunsthistorischen und archäologischen Beiträge des Sammelbandes hingegen belegen die Intensität der Kontakte vor allem zwischen dem byzantinischen Reich, Süditalien, Spanien und Nordafrika. Sie führen präzis und zugleich anschaulich den Motiv- (...) und Techniktransfer und das „gemeinsame Werden“ künstlerischer Ausdrucksformen im östlichen Mittelmeerraum vor Augen; damit leistet der Band nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag zu Erforschung und Erschließung des zu unrecht weniger berücksichtigten Frühmittelalters in der Geschichte des Mittelmeerraums.“

Jenny Rahel Oesterle,

In: Orientalistische Literaturzeitung. 106 (2011) 4-5. S. 303-304.

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„Das Buch weist neue Wege zum Verständnis von Phänomenen, für die die gängigen Etikette von Epochen und Kulturzugehörigkeiten nicht taugen. Gelegentlich bleibt die Diktion noch hinter der Theorie zurück, wenn Formulierungen wie "kultureller Austausch" oder "Transfer der Techniken und Motive" mit dem Postulat kollidieren, dass es sich im östlichen Mittelmeerraum und im Vorderen Orient um einen Raum handelte, der von gemeinsamen Traditionen geprägt war und in dem Kulturen symbiotisch existierten.
Zunächst würde man sich wohl weitere Einzelstudien wünschen, die diesen Ansatz verfeinern und explizieren: Man könnte sich Untersuchungen zur Buchmalerei vorstellen, zur christlichen und islamischen Architektur im Raum Mossul, zu den Beziehungen zwischen der Kunst der orientalischen Kreuzfahrerstaaten und der sizilischen Normannen. Ob sich dann auch neue Etikette einstellen, die vielleicht zu einer neuen Periodisierung und Klassifizierung führen, ist eher von nachrangiger Bedeutung.“

In: Sehepunkte. 9 (2009) Nr. 6.
http://www.sehepunkte.de/2009/06/14686.html (19.06.2009)

Autoreninfo

Ulrike Koenen studierte Kunstgeschichte, Christliche und Klassische Archäologie in Bonn und Köln. Magister der Christlichen Archäologie, Promotion in der Kunstgeschichte. Referentin für Christliche Archäologie am Franz Joseph Dölger-Institut in Bonn, Wissenschaftliche Mitarbeiterin zur Vorbereitung des XII. Internationalen Kongresses für Christliche Archäologie 1991 in Bonn und Assistentin am Kunsthistorischen Institut in Bonn. Zudem Lehrtätigkeit in der Christlichen Archäologie in Bonn und Eichstätt und am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum. DFG-Forschungsprojekt „Byzantinische Kunstwerke in Sammlungen der Bundesrepublik Deutschland“. Forschungsstipendium der Gerda Henkel-Stiftung „Die Rezeption byzantinischer Kunstwerke im mittelalterlichen Westen“. Veröffentlichungen zur Ikonographie frühchristlicher Genesisszenen und ihrer Rezeption im Mittelalter, zur Wirkungsgeschichte byzantinischer Kunstwerke im Westen und zum Fortleben spätantiker Elfenbeinwerke im Frühmittelalter.

Martina Müller-Wiener studierte Islamwissenschaft, Islamischen Philologie und Kunstgeschichte in Frankfurt und Mainz.
Volontariat in der Islamischen Abteilung des Museums für Kunsthandwerk in Frankfurt und Tätigkeit als freie Ausstellungsassistentin bzw. Kuratorin für Islamische Kunst. Seit 1998 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
Abteilung für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte (ehemals Seminar für orientalische Kunstgeschichte) des Instituts für Orient- und Asienwissenschaften der Universität Bonn. Bearbeitung von Sammlungsbeständen, Ausstellungskonzeption und wissenschaftliche Veröffentlichungen zur Islamischen Keramik. Forschungstätigkeit und Publikationen zur Kontextualisierung visuell kommunizierter komplexer Bedeutungsinhalte, insbesondere Herrschaftsikonographie sowie zu Funktion, Stellenwert und Gestaltung wissenschaftlicher Instrumente als Bestandteil einer höfischen Objektkultur, die Wissenschaftspflege, künstlerische Produktion und Repräsentation verbindet.

Schlagworte

10. Jahrhundert (900 bis 999 n. Chr.) (36) || 1000 bis 1500 nach Christus (373) || 11. Jahrhundert (1000 bis 1099 n. Chr.) (37) || 12. Jahrhundert (1100 bis 1199 n. Chr.) (55) || 13. Jahrhundert (1200 bis 1299 n. Chr.) (109) || 500 bis 1000 nach Christus (180) || 9. Jahrhundert (800 bis 899 n. Chr.) (38) || Artukiden || Biografien und Sachliteratur (115) || Byzantinisches Reich (40) || Geschichte (828) || Geschichte allgemein und Weltgeschichte (9) || Historische Staaten und Reiche über Kontinentgrenzen (57) || Historische Staaten, Reiche und Regionen (227) || Interdisziplinäre Studien (44) || Islamische Länder (12) || Literarische Essays (62) || Mittelalter (286) || Normannen (3) || Politische, sozioökonomische und strategische Gruppierungen (12) || Regionalstudien (23) || Sasaniden (4) || Seldschuken (5) || Spätantike (60) || Östliches Mittelmeer